Dauerbrenner PRRS: Kein Ende der Pandemie in Sicht?

Von Dr. Hendrik Nienhoff, Dipl. ECPHM, Fachtierarzt für Schweine

Seit der Entdeckung von PRRS im Jahr 1990 und den ersten großen „Seuchenzügen“ hat sich viel getan: diagnostische Möglichkeiten wurden aufgebaut, die Stämme wurden charakterisiert, die „Zielzellen“ wurden ermittelt, Impfstoffe wurden entwickelt und Sanierungsmöglichkeiten erarbeitet. Trotz alledem hat man es bisher nicht geschafft, das Virus aus den viehdichten Regionen zu verdrängen. Wieso ist das so?

Weltweit sind eigentlich nur Argentinien, Kuba, Neu Kaledonien, Australien, Neuseeland, die Schweiz und Skandinavien (ohne Dänemark) frei von dem PRRS- Virus. In US-amerikanischen Studien wurden die gesamten Kosten der Produktivitätsverluste für Produzenten in den USA auf jährlich 664 Millionen USD geschätzt (Holtkamp et al., 2013), Schätzungen für Deutschland gehen von ca. 116 Millionen € Schaden jährlich aus.

Virus kommt immer wieder neu daher
Die Probleme mit PRRS sind in den letzten Jahren nicht weniger geworden. Insbesondere in viehdichten Regionen und bei hohem Druck durch andere Erreger wie z.B. Influenza scheinen die Probleme nur schwer zu beherschen zu sein. Woran liegt das?

Zum einen ist es die Übertragung über die Luft. Amerikanische Wissenschaftler konnten nachweisen, daß das Virus Herden in einer Entfernung von 9 km infizieren kann, allerdings gibt es auch Beschreibungen z.B. aus Spanien, bei denen positive und negative Herden direkt nebeneinander liegen, ohne daß es zum Virusübertritt kommt. Hier scheint es bei der Übertragung also auch eine Stammabhängigkeit zu geben. Zudem hat das PRRS-Virus die Eigenschaften einer Quasispezies, d.h. kein PRRS-Virus gleicht dem anderen. Man muss sich das infizierte Schwein als einen Organismus vorstellen, der von einer Vielzahl geringfügig verschiedener PRRS-Viren besiedelt ist. Die Variabilität der Viren gegenüber dem Ausgangszustand zu einem bestimmten Zeitpunkt nimmt mit jeder Tierpassage und wachsender zeitlicher sowie räumliche Entfernung weiter zu. Somit verbietet sich streng genommen eine statische genetische Betrachtung einzelner Isolate, wie sie in den Datenbanken zahlreich hinterlegt sind, da diese lediglich eine Momentaufnahme zum Zeitpunkt der Sequenzierung eines Erregers darstellen, der über eine erhebliche genetische Variabilität verfügt. Das Verständnis der Fähigkeit des Erregers einer Immunabwehr zu entkommen, steckt noch in den Anfängen. Aber auch hier erweist sich das PRRS-Virus als „clever“, wie Untersuchungen gezeigt haben: nach Infektion seiner Zielzelle, dem porzinen Alveolarmakrophagen, kommt es nicht zu einer Präsentation von Proteinen des PRRS-Virus auf der Oberfläche, so dass es nicht zu einer Stimulation der Immunabwehr kommen kann; das Virus „versteckt“ sich quasi in der Zelle. Dies ist eine mögliche Erklärung für die bei manchen Tieren beobachtete Erregerpersistenz. Neben des Phänomens der „Quasispezies“ gibt es aber auch noch unterschiedliche Stämme mit unterschiedlichen Eigenschaften.

So war schon in den 90ern ziemlich schnell klar, daß sich die Stämme des US-Typs stark voneinander unterschieden. In einigen Betrieben verlief die Infektion deutlich milder als in anderen. Dagegen glaubte man, dass die europäischen PRRSV-Stämme (PRRSV Typ 1) alle eng miteinander verwandt seien, aber neuere Studien zeigen, dass es in den osteuropäischen Ländern (Litauen, Lettland, Weißrussland, Ukraine) und der Russischen Föderation überaus verschiedene PRRSV-Stämme vom EU-Typ gibt (Stadejek et al., 2013). In diesen Ländern gibt es mindestens vier verschiedene genetische Subtypen, während in West- und Zentraleuropa nur ein einziger genetischer Subtyp nachgewiesen wurde. Dieser westeuropäische genetische Subtyp 1 existiert auch in Nordamerika und Südostasien. Entlang der östlichen Grenze Polens scheint es eine klare geografische Abgrenzung der PRRSV-Diversität in Europa zu geben. Die Viren des Subtyps 1 wurden nur westlich dieser Grenze nachgewiesen, während östlich der Grenze die Subtypen 1, 2, 3 und 4 (bzw. wahrscheinlich mehr) zu finden sind.

Zudem wurde im Jahr 2006 in China ein Krankheitsbild von PRRS beobachtet, daß mit dramatischen Verlusten und Aborten einhergeht. Diese PRRS-Stämme werden als sog. Hp-PRRS-Stämme bezeichnet.


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