Kälber haben andere Ansprüche als Jungrinder

Von Dr. Julia Glatz-Hoppe, Beraterin für Milchrindhaltung, Mecklenburg-Vorpommern

Wird die Milchproduktion in einem Betrieb ausgedehnt, werden in erster Linie Investitionen in neue, komfortable Kuhplätze getätigt und mehr Kühe gehalten. Zum einen werden zusätzliche Liegeboxen oder gar ein neuer Boxenlaufstall gebaut, zum anderen stehen Tiefstreulaufställe als Abkalbe- und Krankenställe zur Erweiterung an. Mit der Vergrößerung der Herde der laktierenden Kühe werden auch mehr Plätze für Trockensteher benötigt. Wird zum Beispiel als Betriebsziel genannt, 150 Kühe zu melken, dann bedeutet das, dass die gesamte Herde in etwa 175 Kühe groß ist, da ca. 13 bis 15 % der Tiere trockenstehen. Mit dem Wachstum der Herde steigt auch die Anzahl der Abkalbungen pro Jahr und in der Regel auch die benötigten Jungtierplätze für die eigene Nachzucht. Die Platzplanung für die Jungrinder und auch die Kälber steht jedoch oftmals hinten an und Handlungsbedarf erscheint erst erforderlich, wenn alle vorhandenen Ställe bereits voll belegt sind und Platzmangel herrscht.

Für die Haltung von Kälbern und Jungrindern lassen sich Altgebäude grundsätzlich gut nutzen, wenn sie auf die Bedürfnisse der jeweiligen Tiergruppe angepasst werden. Während für heranwachsende und adulte Rinder keine detaillierten Haltungsvorschriften existieren, werden Mindestanforderungen an das Halten von Kälbern bis zum Alter von sechs Monaten in der Tierschutznutztierhaltungs-Verordnung (TierSchNutztV) formuliert. Dies resultiert unter anderem daraus, dass Kälber andere Ansprüche an ihre Haltungsumwelt haben als größere Rinder, die bereits vollständige Wiederkäuer sind. Kälber befinden sich zunächst noch in der Immunisierungsphase und werden erst allmählich zum Wiederkäuer.

Eine wichtige Mindestanforderung der TierSchNutztV, die zunächst nicht besonders schwer einzuhalten scheint, kann aber je nach Situation in Altgebäuden zum begrenzenden Faktor werden: Es wird gefordert, dass bei einer möglichst gleichmäßigen Verteilung im gesamten Aufenthaltsbereich der Kälber eine Lichtstärke von mindestens 80 Lux für mindestens zehn Stunden täglich dem Tagesrhythmus angeglichen erreicht wird. Um das zu gewährleisten, sind ausreichende lichtdurchlässige Flächen sowie künstliches Licht für die dunkle Jahreszeit vorzusehen. Diese Forderung ist sicherlich als ein Mindestmaß an zu sehen, da eine Lichtstärke von 80 Lux zum Beispiel für das menschliche Empfinden nicht einmal für längeres Lesen ausreichend ist und eher dämmerig erscheint. Eine erfolgreiche Kälberaufzucht wird in offenen helleren Ställen einfacher, denn Licht hat viele positive Wirkungen und fördert zum Beispiel Aktivität, Wachstum und Futteraufnahme. Zudem ist eine gute Beleuchtung für die Tierkontrolle zwingend.

Aus arbeitswirtschaftlichen und hygienischen Gründen ist die gängige Beratungsempfehlung, Kälber in den ersten 1 bis 2 Lebenswochen einzeln zu halten.


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