Beobachtungsstudie zum selektiven Trockenstellen

Die häufigsten Erkrankungen von Milchkühen sind u.a. subklinische Euterentzündungen, die schon ab einem Zellgehalt von 100.000 Zellen/ml Milch gesundheitlich relevant sind und zu geringerer Milchproduktion führen. Zur Behandlung werden Antibiotika eingesetzt, unter anderem zu Beginn der Trockenstehzeit, weil die Heilungsrate während der Trockenstehzeit besser ist als während der Laktation. Seit 2022 schreibt das neue Tierarzneimittelgesetz allerdings vor, bestandsweite antibiotische Behandlungen nur noch in begründeten Einzelfällen durchzuführen, um den Antibiotikaeinsatz zu reduzieren. Dazu zählt auch das Trockenstellen mit Antibiotika. Deshalb werden Kühe immer öfter selektiv antibiotisch trockengestellt.

Um zu überprüfen, ob das selektive Trockenstellen die Eutergesundheit auf längere Sicht gefährdet, wurden 90 bayerische Milchviehbetriebe bezüglich der Reduktion von antibiotischen Behandlungen zum Trockenstellen sowie deren Auswirkungen auf die Eutergesundheit untersucht. Zwischen 2016 und 2021 wurden die Betriebe innerhalb der STAR-Initiative teilweise für mehr als 3 Jahre begleitet und jährlich Viertelgemelksproben aller laktierenden Kühe der Herden genommen. Die Teilnahme war freiwillig. Bedingung für die Teilnahme war eine Tankmilchzellzahl von unter 200.000 Zellen in den 3 Monaten vor dem Projektbeginn und eine Neuinfektionsrate in der Trockenperiode von unter 25 %. Weiterhin sollte keine Kuh mit Streptococcus agalactiae oder Streptococcus canis infiziert sein, und Staphylococcus aureus sowie Streptococcus uberis sollten bei weniger als 15 Kühen zu finden sein. Für ein einheitliches Vorgehen beprobte der TGD Bayern alle teilnehmenden Betriebe zu Beginn mittels Schalmtest und ein standardisierter Fragebogen erfasste die Managementpraktiken. Der Einsatz von internen Zitzenversieglern wurde empfohlen. Die Landwirte sollten alle Behandlungen rund um das Trockenstellen dokumentieren und notieren, ob die Kuh später eine Mastitis hatte sowie weitere Details rund um die Eutergesundheit. Die Ergebnisse der Milchleistungsprüfungen wurden ebenfalls ausgewertet. Als Besonderheit in dieser Studie ist zu werten, dass viele Betriebe zu Studienbeginn nur wenige Kühe antibiotisch trockenstellten.

Behandlungen und Probemelkergebnisse wurden ausgewertet. In einigen Herden wurden zu Beginn kontagiöse Erreger (Streptococcus agalactiae und Streptococcus canis) nachgewiesen. Hier musste erst eine Sanierung der Herden stattfinden, was die antibiotikahaltigen Behandlungen im ersten Jahr erhöhte. Durchschnittlich waren 62 % der Kühe zu Beginn antibiotisch zum Trockenstellen behandelt worden. Die Häufigkeit von Trockensteherbehandlungen schwankte von Jahr zu Jahr bei den Betrieben, zeigte aber im Durchschnitt eine sinkende Tendenz. Der Einsatz von internen Zitzenversieglern nahm über die Zeit von 39 % der Kühe bis auf 84 % der Kühe zu.

Die Eutergesundheit der Herden in Bezug auf die Zellzahl blieb über die Jahre annähernd gleich, die kuhassoziierten Erreger wurden weniger. Lediglich ab dem 3. Jahr stieg die Neuinfektionsrate während der Trockenstehphase. Die Autorinnen weisen darauf hin, dass es besonders beim selektiven Trockenstellen wichtig ist den Infektionsstatus der Herde und des Einzeltieres zu kennen, um den Behandlungsbedarf zu bestimmen.

Quelle: Ulrike Sorge et al.: Selektives Trockenstellen auf bayerischen Betrieben – eine Fallserie. Tierärztliche Praxis Großtiere Nutztiere 2023; 51: S. 160 bis 167

Zuerst erschienen im E-Magazim „Der Hoftierarzt“ 5/2024