Bericht von der TiHo-Tierschutztagung 2018 (2)
Prof. Dr. Elisabeth große Beilage referierte über Schlussfolgerungen aus ihrer Untersuchung von Falltieren in Tierkörperbeseitigungsanstalten.
Bereits im Frühjahr hatte ihre Studie für Aufsehen gesorgt: Bei Tierkadavern aus sechs Bundesländern hatte sie bei über 13% der untersuchten Mastschweine und bei fast 12% der Zuchtschweine Anzeichen für Verstöße gegen das Tierschutzgesetz festgestellt.
Gleich zu Beginn ihres Vortrags betonte die Tierärztin, dass hinter den festgestellten Mängeln vermutlich keine böse Absicht stecke, aber – durch Nicht-Wissen – den jeweiligen Tierhaltern doch die Vernachlässigung ihrer Pflichten attestiert werden muss. Offensichtlich hätten diese die Gesundungschancen und Schmerzen bei den betroffenen Tieren falsch eingeschätzt.
§ 2 TierSchG verpflichtet jedoch zur Pflege des Tieres und § 4 der TierSchNutztV schreibt mindestens 1 x täglich eine persönliche Inaugenscheinnahme aller und die unverzügliche Behandlung kranker Tiere vor. Hier sei der Tierhalter eindeutig in der Pflicht.
Aber auch der betreuende Tierarzt sei dem Ethik-Kodex verpflichtet und nach den bpt-Leitlinien für Bestandsbetreuung, müssen sich Tierärztinnen und Tierärzte auch um Einzeltiere kümmern. Die Verantwortlichkeiten von Tierhalter und Tierarzt sollten deswegen im Betreuungsvertrag klar geregelt werden.
Insbesondere hob große Beilage hervor, Landwirte hätten häufig gar keine Vorstellung davon, welche Sanktionen ihnen bei Verstößen drohen. Hier sei es wichtig, diejenigen zu sensibilisieren, die den Tierschutz nicht (ausreichend) verinnerlicht haben.
Bei Pflege und Behandlung zeige sich häufig mangelnder Sachverstand und auch mangelnde Sensibilität aufseiten der Tierhalter. Hier könnten Tierärzte zu deutlichen Verbesserungen im Umgang mit kranken und verletzten Tieren beitragen. Durch detaillierte Beratung zu Ausstattung und Management von Krankenbuchten.
Pflegebedürftige Schweine:
+ brauchen ungehinderten Zugang zu Wasser und Futter (die Abwehr anderer Tiere ist eingeschränkt)
+ eine weiche Liegefläche zur Vermeidung von Dekubitus (kranke Tiere liegen häufiger und länger)
+ haben einen erhöhten Wärmebedarf, weil Futteraufnahme/Bewegung reduziert sind.
Bei der Behandlung kranker und verletzter Schweine, seien die tierärztlichen Behandlungs- anweisungen konsequent umzusetzen. Schmerzbehandlungen berücksichtigen das Schmerzempfinden von Schweinen, es dürfe nicht mit dem des Menschen gleichgesetzt werden. Bei Verschlechterung des Zustands, ausbleibendem oder unzureichendem Behandlungserfolg, sei die unverzügliche Konsultation des Tierarztes zwingend erforderlich.
Aber Krankenbuchten seien auch keine Palliativ-Stationen. Deswegen gelte besondere Aufmerksamkeit beim Thema Nottötung. Tierärztinen und Tierärzte sollten die Schweine-halter informieren, welche Aspekte bei der Entscheidung zu berücksichtigen sind:
„Besteht eine realistische Chance, dass das Schwein soweit geheilt werden kann, dass die Lebensqualität nicht durch anhaltende erhebliche Schmerzen oder leiden beeinträchtig und die vorgesehene Nutzung des Tieres innerhalb eines angemessenen Zeitraums wieder möglich ist (Schlachtung/Reproduktion)?
Sind die mit der Erkrankung/Verletzung einhergehenden Schmerzen und/oder leiden dem Tier zuzumuten resp. Durch eine (weitere) Behandlung wirksam zu reduzieren?
Sind die Behandlungs- und Pflegemaßnahmen dem Tierhalter zuzumuten?“
Eine Euthanasie sei immer ein Balanceakt, weshalb Tierhalter deren Notwendigkeit mit ihrem Tierarzt abstimmen sollte. Tierärzte wiederum könnten Empfehlungen an beispielhaften Fällen gemeinsam aufarbeiten, z. B. an Rektumstrikturen oder Bissverletzungen bei Nabelbruch. So könne auch die notwendige Sensibilisierung tiermedizinischer Laien, für die Schmerzen und Leiden von Schweinen erreicht werden.