Tiergesundheit bei Mastkälbern startet im Herkunftsbetrieb – #MSD-Symposium Rind Nr. 3

Zu Beginn ihres Vortrags in Münster, stellte Prof. Dr. Kerstin E. Müller (FU Berlin) eine aktuelle Dissertation vor. Annegret Tautenhahn hat für ihre Arbeit zwischen 2012 und 2014 Daten auf 50 milchkuhhaltenden Betriebe in Brandenburg, Sachsen, Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern gesammelt. Die Ergebnisse ihrer Arbeit unterstreichen die Bedeutung des Managements wie: Versorgung mit Erstkolostrum, Fütterung und Haltung auf Tiergesundheit und Wohlbefinden von Kälbern. Im Abstract heißt es:

„Der Einfluss von 16 bzw. 25 vorausgewählten Faktoren wurde mithilfe der Regressionsanalyse in einem Modell für die Kälbersterblichkeit und einem für die Tageszunahmen bis zur zwölften Lebenswoche untersucht. Die Kälbersterblichkeit betrug zwischen 0,0 und 17,7%. Den größten Einfluss auf eine erhöhte Kälbersterblichkeit (> 5%) hatte ein hoher Anteil an Kälbern mit ungenügendem Immunglobulintransfer (OR: 8,1). Die Fütterung von Heu ab der ersten Lebenswoche im Vergleich zu keiner Fütterung von Heu bis zum Absetzen war mit einer geringeren Kälbersterblichkeit assoziiert (OR: 0,2). Betriebe mit einer erhöhten Kälbersterblichkeit setzten zehnmal häufiger Halofuginon* ein als Betriebe mit einer niedrigen Kälbersterblichkeit (OR: 10,0). Die medianen Tageszunahmen bis zur zwölften Lebenswoche lagen in den Betrieben zwischen 414 und 1027 Gramm und im Median bei 675 Gramm. Als Risikofaktoren für reduzierte Tageszunahmen kristallisierten sich das häufige Umstallen bis zum Absetzen (-119 g), eine Gebärpareseinzidenz unter 5% (-115 g), das Angebot von Heu vor dem Absetzen (-142 g), die Gewinnung von Erstkolostrum später als zwei Stunden nach der Kalbung (-142 g), ein häufiges Ausmisten in der Gruppenhaltung von Kälbern (-96 g), die Fütterung von weniger als drei Litern Erstkolostrum an Neugeborene (-88 g) und eine Zeitspanne von mehr als zwei Stunden pro Tag, in denen der Abkalbebereich oder der gesamte Stall unbeaufsichtigt war, (-84 g) heraus. Als protektiv erwies sich eine große aufgenommene Menge Kraftfutter zum Zeitpunkt des Absetzens (+160 g pro kg Kraftfutter).“

Der Herkunftsbetrieb entscheidet also in hohem Maß über die zukünftige Gesundheit des Kalbes. Sinnvoll sei es deshalb Anforderungen an den Herstellungsbetrieb zu stellen (Mykoplasmenfreiheit, Immunglobulinstatus, Impfungen im Herkunftsbetrieb und ausreichende Zunahmen bis zum Verkauf). Werden Bullenkälber in optimaler Verfassung angeliefert, können Antibiotikagaben in der Mast drastisch verringert werden.

Prof. Dr. Kerstin E. Müller

In der Abkalbebox beginnt die Besiedlung von Dünndarm und Lunge; die hygienischen Bedingungen dort, haben entscheidenden Einfluss auf die Tiergesundheit. Kälber, die zunächst bei der Mutter blieben und von ihr mit Biestmilch versorgt wurden, zeigten ein erhöhtes Krankheitsrisiko sagte Prof. Müller, weil sie länger liegen blieben. Dabei sei eine gute Kolostrum-Versorgung z. B. zentral für die Lungengesundheit. Bereits bei der Geburt seien Bakterien in den Atemwegen des Kalbes zu finden und Vielfallt und Menge der Bakterien bestimmten Darm- und Lungengesundheit.

Kälber die nur 6 bis 7 Tage einzeln gehalten werden hätten ein höheres Krankheitsrisiko, als Kälber die erst nach 15 Tagen in die Gruppenhaltung wechseln. Hier spiele Stress die entscheidende Rolle, der zu Adrenalin- und Cortisol-Ausschüttung führe.

Mykoplasmen, die zu Otitis führen, kämen aus den Herkunftsbetrieben und würden über Biestmilch verbreitet. Nach einer Untersuchung in den USA besteht in größeren Betrieben ein höheres Risiko, dass Erreger über Tränkevorrichtungen und Stalleinrichtung übertragen werden.

Aber auch an die Kalibrierung der Tränkeautomaten solle man denken, empfiehl die Direktorin der Berliner Klinik für Klauentiere: „prüfen Sie, ob auch ausgegeben wird, was gewünscht war.“ Reinigung und Wartung seien natürlich wichtig, aber auch eine Überprüfung der Tränkemischung mittels Refraktometer.

Zwar sein gegen Mykoplasmen derzeit kein Impfstoff zugelassen, in Zukunft wäre aber sicher mit dessen Entwicklung zu rechnen. Prophylaxe jeder Art sei essentiell, mahnte die Professorin, weil weitere Verschärfungen des Arzneimittelrechts zu erwarten wären, wie etwa einem Verbot metaphylaktischer Behandlungen.

* Halofuginon gegen Durchfallerkrankungen durch Cryptosporidium parvum

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