Strategien eines Honigbienenvirus

Das Israeli acute paralysis virus, abgekürzt IAPV, ist ein Krankheitserreger, der Honigbienen befällt und mit der Colony Collapse Disorder, dem plötzlichen Bienenvölkersterben, in Verbindung gebracht wird, einem Schlüsselfaktor für die Dezimierung der Bienenpopulation. Die Forscher haben nun detailliert analysiert, wie das Virus die zelluläre Proteinproduktion überfällt und für eigene Zwecke missbraucht. Die im EMBO Journal veröffentlichte Studie ist ein wichtiger Schritt zur Entwicklung von Strategien zur Bekämpfung der Colony Collapse Disorder.

Bienen sind wichtige Bestäuber von Nutzpflanzen und Wildpflanzen und leisten wertvolle Dienste für Ökologie und Ökonomie. In den letzten Jahrzehnten haben Imker weltweit massive Verluste ihrer Völker verzeichnet, die größtenteils auf ein Phänomen zurückzuführen sind, das als Colony Collapse Disorder bezeichnet wird und bei dem Arbeiterinnen auf mysteriöse Weise aus scheinbar gesunden Völkern verschwinden. Es besteht eine enge Korrelation zwischen den betroffenen Völkern und dem Vorhandensein des Israeli acute paralysis virus, was darauf hindeutet, dass das Virus eine bedeutende Rolle bei der Auslösung des Syndroms spielt. Israel S. Fernández, Joachim Frank und ihre Kollegen von der Columbia University in New York haben nun die Vorgehensweise des Virus analysiert.

Das Israeli acute paralysis virus ist ein RNA-Virus, das die Wirtsproteinproduktion unter Verwendung einer strukturierten RNA-Sequenz namens IRES einfängt. Jede Zelle verfügt über ein System zur Herstellung von Proteinen auf der Grundlage der in ihren mRNA-Molekülen codierten Informationen. Dieser sehr komplexe Mechanismus wird schrittweise aufgebaut: Zunächst rekrutiert die mRNA die ribosomale kleine Untereinheit, die an eine Reihe von Initiationsfaktoren gebunden ist, und eine spezifische Initiator-tRNA trägt den ersten Proteinbaustein. Nach anschließenden Konformationsänderungen wird die Produktionslinie durch die Rekrutierung der großen Untereinheit des Ribosoms vervollständigt.

Frühere Arbeiten von Fernández, Frank und anderen Forschungsgruppen haben gezeigt, wie Viren, die mit dem Israeli acute paralysis virus in Zusammenhang stehen, die Ribosomen der Zellen dazu bringen, virale Proteine zu produzieren, indem sie die für diese Virenfamilie charakteristischen IRES-Sequenzen verwenden. In der aktuellen Studie verwendeten Fernández und Frank hochentwickelte Methoden der Elektronenmikroskopie, um das Israeli acute paralysis virus selbst näher zu untersuchen. Sie bestimmten genau, wie die virale IRES mit den Ribosomen einen Komplex bildet und wie sich dieser auf deren Struktur auswirkt.

Laufende Forschungen anderer Gruppen untersuchen die Möglichkeit, die Colony Collapse Disorder zu bekämpfen, indem sie Bienen-RNA-Moleküle füttern, die mit der RNA des Israeli acute paralysis virus interferieren. Die von Fernández und Frank vorgestellte detaillierte Analyse der Proteinproduktionsstrategie des Virus erweitert diesen Ansatz, indem ein besseres strukturbasiertes Design der interferierenden Moleküle ermöglicht wird.

Quelle: EMBO – Exzellenz in den Biowissenschaften

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein