Tierschutzrelevante Probleme in der Milchviehhaltung -Teil 1: Kühe #DVG-Tierschutztagung 2022

Anlässlich der DVG-Tierschutztagung machte Frigga Wirths (Akademie für Tierschutz des Deutschen Tierschutzbundes) die hohen Abgangsraten bei Milchkühen zum Thema. Fast 2% der an den Schlachthof angelieferten Kühe wird dort verworfen und einige Hunderttausende sterben bereits in den Haltungsbetrieben, sagte Wirths und obwohl die Population an Rindern kontinuierlich sinkt, steige die Zahl der Falltiere (2016 bundesweit etwa 580 000 Rinder bei einem Gesamtbestand von 12,4 Mio. oder 4,7%).

Bei den Milchviehbetrieben, die an der PraeRi-Studie (2020) teilgenommen haben, lag die Abgangsrate bei ca. 3%, in den Empfehlungen des KTBL wird ein Zielwert von 2% und ein Alarmwert von 5% genannt.

Besonderes Augenmerk sollte in jedem Betrieb auf den Geburten liegen, die, speziell nachts, aus Kostengründen und Personalmangel häufig ohne Geburtsüberwachung und -hilfe stattfänden. Tierärztliche Geburtshilfe oder Kaiserschnitte würden heute seltener durchgeführt als in der Vergangenheit.

Vor allem bei Färsen müssten Geburten kontrolliert werden, denn bei ihnen träten Schwergeburten mit 2,5 % und Totgeburten mit 7,9 % doppelt so häufig auf wie bei Kühen, führte Wirths aus. Träten in einem Betrieb vermehrt Schwergeburten, Totgeburten und Mortalitäten nach der Geburt auf, bestehe dringender Handlungsbedarf, die Geburtsüberwachung zu verbessern.

Eine Abgangsrate von mehr als 25% der Herde während der Laktation sei ein Hinweis auf Probleme in der Herdengesundheit. Bei Abgängen in den ersten 60 Tagen nach der Geburt müssten akute Probleme vorliegen, sonst würde keine Kuh in der Laktationsspitze geschlachtet. Deswegen fordert Frigga Wirths neben den absoluten Abgangszahlen der Kühe, das Laktationsstadium und die Gründe, für die Schlachtung zu analysieren.

Für Betriebe, die nach den Richtlinien des Labels „Für Mehr Tierschutz“ des Deutschen Tierschutzbundes arbeiten, läge der Grenzwert für Abgänge bis zum Ende der Laktation bei 25% und für Abgänge bis zum 60. Laktationstag bei 6%. 2018 lagen die Abgangsraten bei HF-Kühen aber bundesweit bei 31,6% und beim Fleckvieh bei 29,3%. Eine Analyse aus Brandenburg zeige, dass der größte Teil der Tiere sogar im ersten Laktationsabschnitt geschlachtet wurde (5038 Kühe, Schären 2020).

Nach Daten aus Betrieben die der Milchleistungsprüfung angeschlossen sind, liegen bei den Gründen Fruchtbarkeitsstörungen mit über 20% vorn, gefolgt von Mastitiden, Lahmheiten und Stoffwechselstörungen. Bei einem Viertel werden jedoch „andere Krankheiten“ und „andere Gründe“ angegeben.

Die Schlachthof-Verwürfe und Schlachtkörpergewichte gäben wichtige Hinweise auf die Herdengesundheit und mögliche Tierschutzprobleme im Haltungsbetrieb. Die Schlachtabrechnungen sollten deshalb in Zukunft zusammen mit den Mortalitäten und Abgängen bewertet werden, forderte Frigga Wirths. Die Verwurfrate lag 2001 bei 0,9% und 1,9 % der angelieferten Kühe würden verworfen.

Besonderes Augenmerk müsse auch den P1-Kühen gelten, deren durchschnittliches Schlachtgewicht, nach einer Auswertung aus dem August 2021, in NRW nur 239,5 Kilogramm betrug. Rinder die wegen starker Abmagerung verworfen werden, wiegen also noch weniger!

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