Wohin mit den „überzähligen“ Kälbern, fragte Frigga Wirths vom Tierschutzbund in ihrem zweiten Vortrag. Dass ein Überangebot an Kälbern der Milchrassen (aus konventioneller wie aus Bio-Haltung) besteht, ist seit Jahren bekannt. Die Preise für Kälber unter 45 kg Körpergewicht liegen teilweise bei zehn Euro, Fleckviehkälber erlösen dagegen z. B. 150 bis 240 Euro erinnerte Wirths zu Beginn.
680.000 Kälber werden bisher jährlich vor allem in die Niederlande, nach Spanien und Italien exportiert. Hauptimporteur sind dabei die 1.600 Kälbermastbetriebe in den Niederlanden, aber (auch) dort stünde die Kälbermast in der Kritik. Die frühe Trennung von Kuh und Kalb, lange Transportstrecken, Emissionen durch Gülle, hohe Morbiditäts- und Mortalitätsraten und der Einsatz von Antibiotika würden negativ bewertet.
Der Marktanteil von Kalbfleisch aber gehe in den Niederlanden zurück, und dortige Mäster bezögen vermehrt Kälber von niederländischen Bauern, was die Nachfrage nach deutschen Kälbern, vor allem nach Kälbern der Milchrassen, verringert. Außerdem würde etwa die Hälfte des in Deutschland verzehrten Kalbfleisches importiert – zumeist aus den Niederlanden.
Würde man auch auf den Export der Kälber verzichten (oder fiele er komplett weg), blieben über 3 Mio. Kälber aus Milchviehbetrieben, die jedes Jahr in Deutschland geboren und vermarktet werden müssten.
Welche Lösungsansätze sieht nun die Frau vom Tierschutzbund, für die „überzähligen“ Kälber? Kurz gesagt: höhere Milchpreise, längere Zwischenkalbezeiten, insgesamt weniger Milchkühe und Zweinutzungsrassen.
Wenn die Milchleistung der Zweinutzungs-Kühe geringer sei als die der Hochleistungskühe, würde entsprechend die insgesamt erzeugte Milch-Menge geringer. Ein höherer Milchpreis könne dann die Folge sein, so dass der wirtschaftliche Druck für die Landwirte abnehme.
Grundsätzlich sei zu hinterfragen, ob die Haltung von Mutterkühen und reinen Fleischrassen zu rechtfertigen ist. In Deutschland würden 640 000 Mutterkühe mit ihren Kälbern zur Fleischerzeugung gehalten. Zu ihnen stünden die Kälber aus der Milchwirtschaft in Konkurrenz.
Insgesamt sei es nur logisch, weniger Tiere unter besseren Bedingungen zu halten. Milch – und Fleischerzeugung müssten mithilfe von Zweinutzungsrassen wieder miteinander verknüpft werden.
Es solle zukünftig auch nur Milch und Fleisch von Tieren verkauft werden, die in Deutschland geboren, unter hohen Tierschutzstandards aufgezogen, gehalten und geschlachtet wurden. Die Erzeugnisse müssten entsprechend vermarktet werden, damit ein höherer Verkaufspreis auch an die Landwirte weitergegeben werden kann.