Räudemilben beim Rind: Das große Kribbeln

Von Dr. Ole Lamp, Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein

Die Räude-Erkrankung des Rindes durch Befall mit bestimmten Milben tritt typischerweise in der Wintersaison deutlich zutage. Während manche Betriebe dieses Problem gar nicht kennen, ist es in anderen Herden noch sehr verbreitet. Mögliche Auslöser sind die drei Räudemilben-Arten des Rindes, deren Unterschiede und Besonderheiten sowie die Ansätze zu ihrer Bekämpfung im Folgenden vorgestellt werden sollen.

Wie bei vielen andere Säugetiere auch, gibt es speziell an das Rind angepasste Milben, die auf oder in der Haut leben und sich von Körpersubstanzen des Rindes ernähren. Während die Grabmilbe (Sarcoptes) Gänge in die oberen Hautschichten gräbt, leben Saugmilben (Psoroptes) und Nagemilben (Chorioptes) auf der Hautoberfläche. Dabei fressen Grabmilben und Nagemilben Hautzellen. Die Saugmilben hingegen ernähren sich von der Gewebsflüssigkeit, der Lymphe, in der Haut. Es können immer auch verschiedene Arten von Milben auf dem gleichen Tier vorkommen. Die Krankheitsbilder unterscheiden sich aber je nach Befall und es können somit auch gemischte, untypische Krankheitsausprägungen auftreten. Allgemein ist die Nagemilbe die häufigste Art, die in deutschen Rinderherden nachgewiesen werden kann: Aktuelle Untersuchungen haben gezeigt, dass bis zu 59 % der Milchviehherden einer Region befallen sein können und auch frühere Untersuchungen aus den 1990er Jahren fanden einen nicht unerheblichen Anteil von 17,7 % befallener Herden in Norddeutschland .

Stärkere Vermehrung in der Stallsaison
Es handelt sich bei den Milben nicht um Insekten, sondern um Spinnentiere, was bei der Bekämpfung von Bedeutung ist. Die Vermehrung erfolgt über die Eiablage nach der Paarung von männlichen und weiblichen Milben der gleichen Art auf dem Wirtstier. Bei den Grabmilben werden die Eier in den Grabgängen, die in den oberen Hautschichten liegen, abgelegt und sind so gut vor äußeren Einflüssen geschützt. Bei den beiden anderen Arten liegen die Eier auf der Hautoberfläche und sind somit verstärkt Trockenheit und Sonnenlicht ausgesetzt, die so im Sommer die Eier schädigen können, woraus sich umgekehrt die Verstärkung eines Befalls in der Stallsaison erklärt. Allgemein dauert die Entwicklung vom Ei zur geschlechtsreifen Milbe je nach Art und Außentemperatur zwei bis drei Wochen. Dabei durchlaufen die Milben verschiedene Larvenstadien, in denen sie nur begrenzt durch Medikamente angegriffen werden können.

Übertragung von Tier zu Tier
Da die Milben in hohem Maße an das Rind angepasst sind, können sie keine andere Nahrung nutzen und müssen am besten direkt von einem Tier zum nächsten durch direkten Hautkontakt übertragen werden. Sie sind aber je nach Art und Umgebungsbedingungen zwischen 18 Tagen (Grabmilben) und über 70 Tagen (Saug- und Nagemilben) auch ohne Rinderwirt überlebensfähig. Da es sich bei Milben um wechselwarme Tiere handelt, steigern hohe Temperaturen ihren Stoffwechsel, sodass sie bei 20°C schneller verhungern als bei 5°C. UV-Licht wirkt auch schädigend auf die erwachsenen Milben, sodass schattige Stallbedingungen ihr Überleben erleichtern. Raue Oberflächen und Kuhbürsten können ihnen als Versteck dienen. Zudem sind sie auch durch Kriechen in der Lage, wenige Meter im Stall selbständig zurückzulegen. Während die Milben im Winter sehr aktiv sind, scheint es aber auch Ruhestadien für die Sommermonate zu geben, da sich Milben, die in der warmen Jahreszeit gewonnen wurden, als deutlich robuster und zugleich weniger aktiv erwiesen. Dies begünstigt die „Übersömmerung“ vor allem an den schattigen Bereiches des Rinderkörpers an Unterbauch, Fesselbeuge und Kronsaum, wie sie für Nagemilben beschrieben ist.


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