Tiergesundheit, Haltung, Fütterung bei verlängerter Legeperiode – Interview mit Jörg Heier, Lohmann Breeders

Herr Heier, bevor wir zu den Hennen kommen: Ist das Zweinutzungshuhn züchterisch schon am Ende seiner Möglichkeiten angekommen?

Grundsätzlich gilt bei Lohmann Breeders, dass wir alle Linien immer weiter verbessern wollen. Das gilt auch für unser Angebot von Zweinutzungsrassen. Wir haben in den vergangenen Jahren intensiv an Zweinutzungslinien geforscht und bieten diese im Markt an. Allerdings gehört zur Wahrheit dazu, dass die Nachfrage aus dem Markt sehr gering ist. Auch wenn wir weiter an den Linien arbeiten ist das Potenzial der weiteren züchterischen Verbesserung begrenzt, da nun mal eine negative genetische Beziehung zwischen Wachstum und Legeleistung besteht. Naturgesetze lassen sich nicht biegen, auch wenn das der ein oder andere wünscht.

Halten Sie zukünftig eine stärkere Hinwendung zum Zweinutzungshuhn für möglich oder machen spezialisierte Linien am Ende doch mehr Sinn?

In den vergangenen Jahrzehnten ist es nicht gelungen das Zweinutzungshuhn aus der Marktnische herauszuführen. Wir werden trotzdem weiter an den Linien arbeiten, jedoch haben Zweinutzungstiere klare ökonomische Nachteile. Das wird sich auch in Zukunft nicht ändern.

Jörg Heier, Geschäftsführer Lohmann Breeders GmbH, Foto: Lohmann

Es gibt einen Trend zu immer längerer Nutzung von Legehennen: was muss bei der verlängerten Haltung generell beachtet werden?

Jede Lebensphase der Tiere hat unterschiedliche Anforderungen. Das beginnt mit der Aufzuchtphase, schließlich benötigen längere Produktionszyklen eine solide Grundlage. Beispielsweise sind die Beständigkeit bei der Entwicklung von Körpergewicht und Skelettwachstum sind ein Muss, wenn eine längere Produktionsphase angestrebt wird. Während der Produktion muss flexibel auf die Anforderungen der Tiere reagiert werden, beispielsweise beim Futter. Wenn sich die Aktivität der Herde mit zunehmendem Alter ändert muss das Futter angepasst werden. Das gilt ebenso wie der Kalziumfluss durch die Markspeicher und die Anforderungen an die Schale. Zudem sind bei längerer Produktionsdauer die Verhaltensänderungen der Tiere zu beachten.

Wie entwickelt sich der Futterverbrauch bei längerer Nutzung?

Zunächst ist es wichtig sicherzustellen, dass die Tiere mit einem gut entwickelten Verdauungssystem starten. Als Grundvoraussetzung hierfür gilt, im jungen Alter bereits einen gut ausgebildeten Vor – und Muskelmagen zu entwickeln sowie einem ausreichendem Kropfvolumen. Durch eine sorgfältige Kontrolle des Futterangebots, muss dies während der gesamten Haltungsperiode aufrechthalten werden, um den gesamten Nährstoffbedarf zu decken. Der Futterverbrauch wird durch verschiedene Faktoren beeinflusst, wie Stalltemperatur, Produktionssystem, Energiegehalt des Futters, Management usw.). Unter gleichen Bedingungen und am Ende der Produktionszyklen kann die Effizienz des Verdauungssystems abnehmen, so dass eine geringere Futteraufnahme zu erwarten ist. Natürlich wäre die Gesamtfutteraufnahme höher.

Sollte sich die Futterzusammensetzung bei längerer Nutzung ändern, mehr Calcium etwa?

Ja, grundsätzlich muss das Futter der Lebensperiode angepasst werden. Zusätzliches und grobes Kalzium am Ende der hellen Periode ist eine Art Schutzmaßnahme.

Welchen Einfluss hat längere Nutzung auf Fußballengesundheit und Knochenstabilität?

Die Fußballengesundheit ist vornehmlich beim Broiler, nicht aber bei der Legehenne relevant. Sie ist wesentlich von der Haltungsform und -Qualität abhängig, nicht aber von der Länge der Haltungsperiode. Wesentlicher Faktor ist die Einstreu-Qualität. Diese ist von vielen Faktoren abhängig, unter anderem der Darmgesundheit der Tiere (Veränderte Kotkonsistenz durch Infektionen oder Toxine), Managementfaktoren wie Einstreu-Art, Lichtprogramm und Stallklima sowie Einflüssen der Fütterung (Zusammensetzung, Fütterungssystem).

Es ist nicht davon auszugehen, dass wesentliche Unterschiede in der Knochenstabilität bestehen, schließlich ist diese wesentlich von der Fütterung abhängig. Der Calcium-Haushalt des Huhnes ist sehr komplex und, bedingt durch die Eibildung, starken täglichen Schwankungen unterlegen. Diese sind als wichtiger zu bewerten als die Haltungsdauer der Tiere.

Ab wann sind Nachimpfungen sinnvoll (oder unabdingbar)?

Nachimpfungen sind dann zu empfehlen, wenn die in der Aufzucht durchgeführten Impfungen keinen ausreichenden Schutz über die gesamte Nutzungsdauer für das Tier selbst induzieren können. Dies ist wesentlich vom lokalen Infektionsdruck abhängig und kann nur bedingt verallgemeinert werden.

Generell gilt: Eine Nachimpfung kann sowohl für bakterielle als auch virale Erreger notwendig sein. Die Verwendung von inaktivierten viralen Impfstoffen vor Legebeginn führt zu einem hohen und langanhaltenden Antikörper-Spiegel im Tier. Insbesondere bei Atmungserkrankungen, wo primär auch ein lokaler Schutz im Atmungstrakt notwendig ist und/oder auch eine strake Variation des Erregers vorkommt (insbesondere Infektiöse Bronchitis des Huhnes, IBV) sind Nachimpfung während der gesamten Produktionsphase zu empfehlen. Diese können einfach über das Trinkwasser, gegebenenfalls auch über eine Spray-Impfung, durchgeführt werden. Gleiches gilt für die Newcastle Krankheit (ND), insbesondere wenn vor Legebeginn kein inaktivierter Impfstoff eingesetzt wurde.

Infektionen mit Salmonellen führen nicht zu Erkrankungen beim Tier selbst, können aber zu einer Kontamination der Produkte (Eier, Fleisch) führen. Auch hier ist eine Auffrischung der Immunität bei längerer Haltungsform zu empfehlen. Dabei ist bei Verwendung von Lebendimpfstoffen gegebenenfalls eine Wartezeit zu beachten.

Einige bakterielle Infektionen können nur über sogenannte bestandspezifische Impfstoffe kotrolliert werden, da zugelassene Impfstoffe nicht erhältlich sind oder ihre Wirksamkeit nicht ausreichend ist. Hier kann es zwingend erforderlich sein, die Tiere während der Produktionszeit nachzuimpfen, da gerade der Schutz gegen bestimmte bakterielle Erreger (z.B. Pasteurella, Erysipelas) meist nur 40-50 Woche anhält. Eine Nachimpfung der Tiere erfordert hier aber eine individuelle Injektion nach Fangen der Tiere.

Herr Heier: herzlichen Dank für das Gespräch!

Jörg Heier ist Geschäftsführer der Lohmann Breeders GmbH, Cuxhaven

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