Infektionsrisiko mit dem West-Nil-Virus in Deutschland

Forschende der Biogeografie der Universität Bayreuth haben das erste Modell entwickelt, das das räumliche und zeitliche Risiko einer Infektion mit dem West-Nil-Virus in Standvögeln, Zugvögeln und dem Menschen in Deutschland simuliert. Damit legen sie die Basis für ein Warnsystem für Krankheiten, deren Übertragung durch den Klimawandel beeinflusst wird.

Das von Stechmücken auf den Menschen übertragbare West-Nil-Virus (WNV) tritt seit langem im Südeuropa auf. Begünstigt durch den Klimawandel ist eine Übertragung auch in nördlicheren Gebieten möglich. In Deutschland wurden Krankheitsfälle beim Menschen erstmals 2019 registriert. Ein Modell, welches das Infektionsrisiko in Deutschland abbildet, kann als Warnsystem fungieren und dabei helfen, geeignete Präventionsmaßnahmen zu treffen und die ärztliche Differentialdiagnostik anzupassen.

Das WNV gehört zu den Flaviviren und wird von Stechmücken zwischen wildlebenden Vögeln übertragen. An Vögeln infizierte Mücken können das Virus auch auf Menschen übertragen. In Südeuropa kommt es schon seit langem im Sommer zu Ausbrüchen. Bisher waren die Sommertemperaturen in Deutschland durchgehend am Tag und in der Nacht nicht warm genug für eine Übertragung durch die weitverbreitete Gemeine Stechmücke. Seit 2019 sind allerdings auch in Deutschland Fälle von Infektionen beim Menschen bekannt sind. Das West-Nil-Fieber heilt meist ohne Komplikationen aus. Jedoch sind Spätfolgen bei Erkrankten, die Entzündungen des Gehirns entwickelten, häufig und Personen mit Vorerkrankung oder ältere Menschen können aufgrund des in das Nervengewebe eindringenden West-Nil-Virus sterben.

Oliver Chinonso Mbaoma, Dr. Stephanie Thomas und Prof. Dr. Carl Beierkuhnlein vom Lehrstuhl für Biogeografie der Universität Bayreuth haben ein Modell entwickelt, mit dem das räumliche und zeitliche Infektionsrisiko mit dem WNV in Deutschland simuliert werden kann. Das Modell basiert auf Umweltdaten wie tägliche Temperatur und Niederschlag sowie epidemiologischen Daten und wurde anhand der menschlichen und tierischen WNV-Fälle der letzten fünf Jahre überprüft. Zudem bezog das Forschungsteam Eigenschaften der Moskitos und Vogelarten, die für die Übertragung des WNV besonders wichtig sind, in die Berechnungen mit ein.

Die Modellergebnisse bilden bisherige Gebiete mit WNV-Fällen gut ab und zeigen weitere Gebiete im Westen von Nordrhein-Westfalen, Ober- und Mittelrhein sowie einzelne Landkreise in Bayern auf, in denen eine Übertragung aus klimatischer Sicht von Juli bis Ende Oktober möglich wäre.

„Unsere Ergebnisse legen den Grundstein für ein Frühwarnsystem für Infektionskrankheiten, deren Übertragung durch die steigenden Temperaturen begünstigt wird. Das Modell kann dem öffentlichen Gesundheitsdienst dabei helfen, Präventionsmaßnahmen zu treffen. Zudem kann die Ärzteschaft anhand der Risikolage die Differentialdiagnostik anpassen“, sagt Thomas.

Die Forschungsarbeit wurde durch das Bayerische Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz und das Bayerische Staatsministerium für Gesundheit und Pflege über das Projekt BayByeMos (AP-2411-PN 21-14-V3-D22827/2022) im Rahmen des Verbundprojekts „Klimawandel und Gesundheit II“ (VKG II) gefördert.

Quelle: Universität Bayreuth

Süddeutsche Schweinefleischerzeugung – zukunftsorientiert, klimafreundlich, wirtschaftlich

Im Rahmen der Projekte „SüdSchwein4Klima“ und „Netzwerk Fokus Tierwohl“ fand am 04. Juli in Ulm-Seligweiler eine gemeinsame Informationsveranstaltung statt, welche die Nachhaltigkeit der süddeutschen Schweinehaltung in den Mittelpunkt stellte, um diese zielgerichtet zu gestalten. Zu der hybriden Veranstaltung waren rund 60 Teilnehmende entlang der Wertschöpfungskette Schweinefleisch nach Ulm-Seligweiler gekommen. Etwa 40 weitere Teilnehmende verfolgten die Veranstaltung online. Vertreten waren Verbände, schweinehaltende Betriebe, Züchter*innen, der Viehhandel, Schlachtbetriebe, Hersteller*innen von Wurst- und Fleischwaren sowie Vertreter*innen aus Verwaltung und Politik.

Zum Auftakt der Veranstaltung wurden die beiden Projekte vorgestellt. Das vom BMEL geförderte deutschlandweite Verbundprojekt „Netzwerk Fokus Tierwohl“ verfolgt das Ziel bereits vorhandenes Fachwissen aus Wissenschaft, Forschung und Praxis zum Thema Tierwohl, Nachhaltigkeit und Umweltschutz zu bündeln, aufzubereiten und in die Praxis weiterzugeben. Der Wissenstransfer wird von den Projektpartnern in verschiedenen Formaten umgesetzt.

Im Rahmen des EIP-AGRI Projektes „SüdSchwein4Klima“ hat sich eine operationelle Gruppe (OPG) gebildet, bestehend aus Partnern der land- und forstwirtschaftlichen Praxis, Forschungs- und Versuchseinrichtungen, Verarbeitungs- und Vermarktungsunternehmen sowie Verbänden und landwirtschaftlichen Organisationen in Bayern und Baden-Württemberg. Gemeinsam erarbeiten sie ein zentrales Nachhaltigkeitsmodul in der Informationsplattform Qualifood®, welches eine Nachhaltigkeitsbibliothek sowie einen Klima-Schnellcheck beinhaltet. Nutzer*innen insbesondere Landwirt*innen sollen somit eine einfache und sichere Möglichkeit haben, an Informationen rund um das Thema Nachhaltigkeit zu gelangen. Der Klima-Schnellcheck ermöglicht eine erste Einschätzung hinsichtlich der Klimafreundlichkeit landwirtschaftlicher Betriebe.

Qualifood® wird bereits jetzt von den meisten schweinehaltenden Betrieben in Süddeutschland genutzt. Die Integration eines solchen Moduls unterstützt daher die süddeutsche Schweinefleischerzeugung, sich klimafreundlich, tierwohlorientiert und wirtschaftlich zukunftsfähig auszurichten.

Einige Forschungsvorhaben und Maßnahmen für die Entwicklung einer nachhaltigen Tierhaltung im süddeutschen Raum und darüber hinaus existieren bereits. Das wurde durch die Fachvorträge zu verschiedenen Projekten deutlich. Hierzu referierten Professor*innen der Universitäten Hohenheim und Göttingen sowie Mitarbeiter*innen der LfL Bayern, der LSZ Boxberg, der Bodensee-Stiftung, des Fleischprüfrings Bayern e.V. sowie der Ringgemeinschaft Bayern e.V..

Alle Beiträge standen im Kontext einer nachhaltigen, kreislauforientierten Tierhaltung und zeigten die Komplexität der Nachhaltigkeitsthemen, die Zusammenhänge sowie die Herausforderungen und Möglichkeiten , die sich hieraus ergeben.

Angefangen bei der „Gestaltung einer tiergerechten Haltung“ nahm das Programm die zentralen Nachhaltigkeitsaspekte „Futtermittel und Fütterung“, „Wirtschaftsdüngermanagement“ sowie „Kommunikation innerhalb der Wertschöpfungskette“ in den Blick. Diese Aspekte sind wichtige Stellschrauben bei der Gestaltung einer nachhaltigen Schweinehaltung.

Die Vorstellung von zwei Erfassungsmethoden zur Klimawirkung, dem LfL Klima-Check sowie dem ACCT-Tool, welches von der Bodensee-Stiftung mitentwickelt wurde, rundeten das Programm ab. Neben informativem Input, bot die Veranstaltung ebenfalls die Möglichkeit zur Diskussion zu den vorgestellten Inhalten.

Nähere Informationen zu dem Projekt „Netzwerk Fokus Tierwohl“ finden Sie unter der QR-Code rechts.

Nähere Informationen zu dem Projekt „SüdSchwein4Klima“ finden Sie unter dem QR-Code links.

 

 

 

Das Projekt wird gefördert im Rahmen der Europäischen Innovationspartnerschaft „Landwirtschaftliche Produktivität und Nachhaltigkeit“ (EIP-AGRI). Die Projektförderung ist eine Maßnahme des Maßnahmen- und Entwicklungsplan Ländlicher Raum Baden-Württemberg 2014-2020 (MEPL III). Es wird durch das Land Baden-Württemberg und über den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des Ländlichen Raums (ELER) finanziert.

OPG-Mitglieder:
▪ Schweinezuchtverband Baden-Württemberg e.V. (Leadpartner)
▪ Bildungs- und Wissenszentrum Boxberg (LSZ Boxberg)
▪ Fleischprüfring Bayern e.V.
▪ Universität Hohenheim mit der Landesanstalt für Agrartechnik und Bioenergie
▪ Bodensee-Stiftung
▪ Müller Fleisch GmbH
▪ Süddeutsches Schweinefleischzentrum Ulm Donautal GmbH
▪ Ulmer Fleisch GmbH
▪ Bayerischer Bauernverband KdÖR
▪ Landesbauernverband in Baden-Württemberg e.V.
▪ Bioland Erzeugerring Bayern e.V.
▪ Raiffeisen Viehzentrale GmbH
▪ Erzeugergemeinschaft Südbayern e.G.
▪ Ringgemeinschaft Bayern e.V.
▪ Erzeugergemeinschaft Franken-Schwaben w.V.
▪ UEG Hohenlohe-Franken w.V.
▪ Bayerische Bauern Marketing GmbH
▪ 5 landwirtschaftliche Betriebe

Quelle: Bildungs- und Wissenszentrum Boxberg – Schweinehaltung und Schweinezucht – (Landesanstalt für Schweinezucht – LSZ)

Information zur Blauzungenkrankheit: Rasch ansteigende Infektionszahlen – Impfung empfohlen

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In den vergangenen Wochen steigt die Zahl der Infektionen mit der Blauzungenkrankheit stark an. Besonders betroffen sind die Niederlande und in Deutschland das Land Nordrhein-Westfalen. In den Niederlanden wurden seit Mitte Juni 2024 über 500 Fälle der Blauzungenkrankheit des Serotyps 3 (BTV-3) nachgewiesen. Innerhalb der letzten vier Wochen erfolgten über 400 Nachweise von BTV-3 in nordrhein-westfälischen Betrieben. Auch für Niedersachsen ist ein Anstieg der BTV-3-Fälle festzustellen. Während in Niedersachsen im Jahr 2024 90 BTV-3-Infektionen nachgewiesen wurden (Stand: 22. Juli 2024), erfolgten etwa 50 Prozent der Feststellungen innerhalb der letzten vier Wochen.

Aus den Niederlanden wird berichtet, dass auch Tierbestände von BTV-3-Nachweisen betroffen sind, die gegen das Virus geimpft wurden. Es sei daraus aktuell jedoch nicht zu schlussfolgern, dass die Impfung nicht wirksam sei. Das Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) und die Ständige Impfkommission Veterinärmedizin empfehlen weiterhin empfängliche Tiere mit einem zur Anwendung gestatteten Impfstoff gegen BTV-3 zu impfen. Derzeit stehen in Deutschland drei Impfstoffe zur Verfügung, deren Anwendung per Verordnung gestattet wurde. Es gibt keine Möglichkeit die Blauzungenkrankheit therapeutisch zu bekämpfen. Neben einer Impfung können jedoch bestimmte mückenabweisende Mittel (Repellents) abwehrende Wirkung hervorrufen. Die Anwendung von Repellents ist bei bestimmten Verbringungen sogar rechtlich vorgeschrieben (siehe Hintergrund).

Im Rahmen einer Härtebeihilfe übernimmt die Niedersächsische Tierseuchenkasse weiterhin die Kosten für eine Impfstoffdosis pro Schaf bzw. Ziege, maximal jedoch 3 Euro. Voraussetzung ist, dass die Impfung in der HI-Tier-Datenbank eingetragen wird und der Antrag auf Beihilfe, sobald technisch möglich, digital über die Homepage der Tierseuchenkasse gestellt wird. Bis dahin ist der Antrag per Papier über das zuständige Veterinäramt bei der Niedersächsischen Tierseuchenkasse einzureichen. Die Möglichkeit Härtebeihilfe zu beantragen, werde nach Mitteilung der Niedersächsischen Tierseuchenkasse von niedersächsischen Schaf- und Ziegenhaltern gut in Anspruch genommen.

Hintergrund:
Die aktuelle BTV-3-Inzidenzentwicklung belegt, dass die laut einer qualitativen Risikobewertung des Friedrich-Loeffler-Instituts (FLI) als besonders hoch eingeschätzte Gefahr der Virusübertragung auf empfängliche Tiere zwischen Mai und Oktober zutrifft. Für das Virus empfänglich sind insbesondere Schafe und Ziegen, aber auch Rinder sowie Neuweltkameliden wie Alpakas und Wildwiederkäuer können sich mit dem Virus infizieren. BTV-3 Infektionen beim Schaf und bei der Ziege können mit erheblichen Tierverlusten und mit Tierleid einhergehen.

Bei Rindern und anderen Wiederkäuern verläuft die Erkrankung in der Regel mit milder Symptomatik. Die Krankheit wird von Gnitzen, blutsaugenden Mücken der Gattung Culicoides übertragen. Auf diesem Wege kann eine Verbreitung auch nach dem Verbringen infizierter Tiere stattfinden. Daher gelten für die Bestände in Niedersachsen, sowie in anderen von BTV-3 betroffenen Ländern, strengere Regeln wie eine verpflichtende PCR-Testung oder eine Behandlung mit mückenabweisenden Mitteln bei einer Verbringung in BTV-freie Gebiete. Seit dem ersten Ausbruchsfall am 25. Oktober 2023 im Landkreis Ammerland wurden insgesamt 111 Feststellungen bei Schafen und Rindern aus 25 Landkreisen und kreisfreien Städten in Niedersachsen gemeldet (Stand 22. Juli 2024).

Auf Menschen ist die Krankheit nicht übertragbar – auch nicht durch den Konsum von tierischen Produkten.

Links:

Webseite Tierseuchen-Info des LAVES

Risikobewertung des FLI

Steckbrief Blauzungenkrankheit des FLI

TSIS – TierSeuchenInformationssystem des FLI

Ständige Impfkommission Veterinärmedizin: Stellungnahme zur Impfung empfänglicher Wiederkäuer gegen BTV-3

Quelle: Herausgeber: Nds. Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz

Acht neue Zoonoseerreger in Österreich in den letzten 20 Jahren

Forschende des Complexity Science Hub (CSH) und der Vetmeduni entwickeln erstmals eine interaktive Landkarte zoonotischer Erreger in Österreich, die fast ein halbes Jahrhundert umspannt.

Die Schnittstellen zu identifizieren, an denen die Übertragung stattfindet – das ist eine der größten Schwierigkeiten bei der Bekämpfung von Zoonosen, also von Krankheiten, die zwischen Tier und Mensch übertragbar sind. „Unser Projekt begann mit der Frage: Können wir die zoonotischen Schnittstellen in Österreich charakterisieren und visualisieren?“, erklärt Amélie Desvars-Larrive vom Complexity Science Hub und der Vetmeduni Wien.

So entstand die erste umfassende Übersicht zur Übertragung von Zoonoseerregern zwischen Menschen, Tieren, Lebensmitteln, Überträgerarten wie Zecken und der Umwelt, mit aufschlussreichen Einblicken in Übertragungsketten. „Es handelt sich dabei um ein komplexes System, in dem die meisten Zoonoseerreger in der Lage sind, sowohl Menschen als auch verschiedene Tierarten aus unterschiedlichen Taxa zu infizieren“, so die Forscherin.

Die in Nature Communications veröffentlichte Studie zeigt zudem, dass die Anzahl der Zoonoseerreger in Österreich zunimmt – insbesondere in den letzten 20 Jahren, in denen acht neue Arten aufgetreten sind, darunter das West-Nil-Virus und das Usutu-Virus. „Auf ein erhöhtes Risiko der Übertragung von Zoonoseerregern deutet unsere Netzwerkanalyse an den Schnittstellen Mensch-Rind und Mensch-Lebensmittel hin“, erklärt Desvars-Larrive.

VON FLEISCH BIS ZECKEN
In ihrer Analyse stellten die Forscher:innen fest, dass bestimmte Quellen eine unverhältnismäßig große Rolle beim Austausch von Zoonoseerregern spielen ¬– wie Hühner, Rinder, Schafe und einige Fleischprodukte, die eine relativ große Zahl von Zoonoseerregern übertragen und potenziell verbreiten können.

Von 197 verschiedenen Zoonoseerregern, die im Zeitraum zwischen 1975 und 2022 dokumentiert wurden, konnten 187 in insgesamt 155 verschiedenen Wirbeltierwirten nachgewiesen werden. Elf Erreger kamen in umweltbezogenen Medien wie Sandkisten vor. Fünfzehn Erreger, vor allem Bakterien wie Listeria, Escherichia und Salmonella, wurden in Lebensmitteln gefunden – mehr als die Hälfte davon in Fleisch und Fleischerzeugnissen. Außerdem wurden 24 Krankheitserreger in Vektoren, also Überträgern, wie Zecken nachgewiesen. „Mit 16 verschiedenen übertragenen Erregern übertragen Zecken außerdem mehr Krankheiten als jeder andere Vektor“, erklärt Desvars-Larrive.

NEUE ERREGER
Zu den neu aufgetretenen Erregern in Österreich zählen das West-Nil-Virus, das 2016 erstmals in Österreich nachgewiesen wurde, und das Usutu-Virus, das seit 2001 in Österreich vorkommt und damals erstmals außerhalb von Afrika detektiert wurde. Beide Erreger kommen hauptsächlich in Vögeln vor, können aber durch Mückenstiche auf den Menschen übertragen werden und wurden beide auch bereits in Pferden nachgewiesen.

SECHS GEMEINSCHAFTEN
„Als wir uns angesehen haben, welche Wirbeltierwirte, Lebensmittel und Umweltquellen sich welche Pathogene teilen, stellten wir fest, dass das Netzwerk in Österreich in sechs Gemeinschaften organisiert ist“, so Desvars-Larrive, wobei der Mensch am meisten Erreger mit Haus- und Nutztieren wie Hunden, Katzen und Kühen teilt.

„Interessanterweise haben wir zum Beispiel auch festgestellt, dass Puten mehr Pathogene mit Lebensmitteln teilen als mit anderen Vogel- und Geflügelarten“, erklärt die Wissenschafterin weiter. Wildschweine, Hunde, Katzen und einige Nagetiere wiederum fungieren mitunter als „Brücken“ zwischen verschiedenen Gemeinschaften und können so dazu beitragen, dass sich Krankheiten leichter im Netz verbreiten.

BEWUSSTSEIN SCHAFFEN
Diese neue, netzwerkbasierte Methode bietet wertvolle Einblicke in zoonotische Übertragungsketten und kann so die Entwicklung von Strategien gegen Zoonosen erleichtern. „Zu wissen, welche Akteur:innen im Zoonosen-Netzwerk einflussreicher sind als andere, kann zum Beispiel in Überwachungsprogrammen für Zoonosen sehr hilfreich sein, da sie als Risikoindikatoren dienen könnten“, so Desvars-Larrive.

„Mit unserer interaktiven Karte wollen wir aufklären und Neugierde wecken“, sagt die Forscherin. „Natürlich kommen wir alle mit verschiedenen Krankheitserregern in Kontakt, wobei aber nur wenige tatsächlich zu einer Erkrankung führen und wir uns deshalb nicht zu große Sorgen machen sollten.“ Dennoch sei es gut, ein gewisses Bewusstsein zu entwickeln – zum Beispiel dafür, wie wichtig es ist, ein Messer zwischen verschiedenen Lebensmitteln zu reinigen, um eine Kreuzkontamination zu vermeiden. „Oder wenn man von einer Zecke gebissen wurde, sollte man in den nächsten Wochen wachsam sein, denn Zecken übertragen eine ganze Reihe von Krankheiten auf Mensch und Tier, die oft schwer zu diagnostizieren sind, da die Symptome erst Wochen später auftreten können“, so Desvars-Larrive.

ÖSTERREICH IN ZAHLEN
In Österreich leben derzeit rund neun Millionen Menschen, Tendenz steigend. Österreichs Tierwelt umfasst rund 45.870 Arten, darunter 110 Säugetierarten. Darüber hinaus leben in 35 Prozent der 3,9 Millionen österreichischen Haushalte auch Haustiere. Das Land zählt etwa 53.300 Rinder, eine Million Schweine und fünf Millionen Stück Geflügel, während es rund 130.000 gültige Jagdscheine gibt. Diese Zahlen geben einen Eindruck darüber, wie viele Schnittstellen es allein zwischen Menschen und Tieren gibt.

DATENLAGE VERBESSERN
„Wir sehen in unseren Daten nur die Spitze des Eisbergs – nur jene Zoonosen, die tatsächlich diagnostiziert wurden. Leptospirose, beispielsweise, ist in Österreich noch relativ selten und kann grippeähnliche Symptome aufweisen. Wenn sie nicht eindeutig als Leptospirose diagnostiziert wurde, sehen wir das in den Daten nicht“, erklärt Desvars-Larrive.

Die koordinierte epidemiologische Überwachung konzentriert sich hauptsächlich auf meldepflichtige Krankheiten, wodurch amtlichen Zahlen häufig nicht regulierte Zoonoseerreger, die im Land zirkulieren, übersehen. „Eine solche Verzerrung kann zu einer verzerrten Bewertung des gesamten Zoonoserisikos führen“, so die Wissenschafterin.

Obwohl SARS-CoV-2 beispielsweise sowohl für Menschen als auch für Tiere meldepflichtig ist, wird es in keiner der COVID-19-bezogenen Publikationen, die sich mit menschlichen Fällen befassen, als Zoonose bezeichnet, weshalb es in diesen Daten nicht vorkommt. Auch die einzige Veröffentlichung, die SARS-CoV-2 bei österreichischen Tieren untersuchte, erwähnte das zoonotische Potenzial nicht.

Mehr und in zentralisierter Form vorliegende Daten über One Health – ein Ansatz, wonach die Gesundheit von Menschen, Tieren und Umwelt miteinander verknüpft ist – sind entscheidend für die Kontrolle und Prävention von zoonotischen Infektionskrankheiten. Es gibt zahlreiche Anstrengungen in dieser Richtung, vor allem seit der SARS-CoV-2-Pandemie, jedoch bestehen nach wie vor erhebliche Hürden, wie rechtliche Fragen im Bereich des Datenaustauschs. Insbesondere die Umweltaspekte von Zoonosen sind oft unterrepräsentiert, was es erschwert, ein vollständiges Bild zu erhalten. „Mit unserem Netzwerk haben wir jedoch einen ersten Überblick über die zoonotischen Schnittstellen von Menschen, Tieren, Lebensmitteln und der Umwelt geschaffen, was die Entwicklung von One-Health-Strategien gegen Zoonosen erleichtern kann“, so Desvars-Larrive.

INTERAKTIVE ZOONOSEKARTE
Die Forschenden führten zunächst eine systematische Literaturrecherche zu allen dokumentierten Zoonoseerregern in Österreich zwischen 1975 und 2022 durch. „Daraus erstellten wir ein Netzwerk, das die Beziehungen zwischen Zoonoseerregern, ihren Wirten, Überträgern wie Zecken oder Moskitos, aber auch andere – oft vernachlässigte – Infektionsquellen, wie eine kontaminierte Umwelt, zum Beispiel eine Sandkiste, oder kontaminierte Lebensmittelquellen in Österreich beschreibt“, so Desvars-Larrive. Die Ergebnisse der Analyse wurden von CSH-Datenvisualisierungsexpertin Liuhuaying Yang in einer interaktiven Zoonose-Landkarte Österreichs aufbereitet, die öffentlich zugänglich ist.

Zoonosekarte online

Quelle: Veterinärmedizinische Universität Wien

Forschung zu nachhaltiger Rindernutzung und kuhgebundener Kälberaufzucht

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Ein Forschungsprojekt der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf (HSWT) zeigt, wie nachhaltige Milch- und Rindfleischerzeugung durch geschlossene Bio-Wertschöpfungsketten und kuhgebundene Kälberaufzucht funktionieren kann.

Bei der Abschlussveranstaltung des Projekts mehrWERT Öko-Milch + Fleisch unter Leitung von Prof. Dr. Dr. Eva Zeiler wurden Ende Mai an der Fakultät für Nachhaltige Agrar- und Energiesysteme der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf (HSWT) die wichtigsten Ergebnisse aus dem dreieinhalbjährigen Projekt vorgestellt. Umfassende Informationen finden sich im Abschlussbericht. Unter den 62 Teilnehmenden waren Landwirtinnen und Landwirte, milch- und fleischverarbeitende Betriebe sowie Vertreterinnen und Vertreter aus Beratung und Wissenschaft.

Bei Kälbern aus bayerischen Öko-Milchviehbetrieben verbleibt bislang nur ein sehr geringer Anteil in der Biowertschöpfungskette, der letztendlich als Öko-Rindfleisch vermarktet wird. Die Forschenden ermittelten belastbare Zahlen und identifizierten alternative Wege zur Vermarktung bzw. Verwertung von Kälbern. Damit kann das grundsätzlich positive Image der Verbraucher:innen bezüglich der Biolandwirtschaft dauerhaft gesichert und einer mittelfristig aufkommenden Debatte zur Thematik proaktiv begegnet werden.

Am Vormittag präsentierten die Projektbeteiligten von HSWT, Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) die Ergebnisse ihrer jeweiligen Arbeitspakete.

Peter Weindl (HSWT) stellte Ergebnisse aus studentischen Abschlussarbeiten zum Thema „Kälber der ökologischen Milchviehhaltung in Bayern“ vor, im Einzelnen

• Status quo-Erhebungen zu Kälbern auf Öko-Milchviehbetrieben,
• Erhebungen zur Öko-Rindermast in Bayern,
• Erfolgsfaktoren von Vermarktungsinitiativen und
• Öko-Rindfleisch in der Außer-Haus-Verpflegung (Fokus Nordbayern).

Theresa Hautzinger, (HSWT) ergänzte die Ergebnisse zur praktischen Umsetzung der kuhgebundenen Kälberaufzucht bis hin zur Gewichtsentwicklung und Gesundheit der Kälber.

Bernhard Ippenberger (LfL) rückte bei seinem Vortrag „Nachhaltige Rinderhaltung – das ist mehr als Tierwohl und Klimaschutz“ die ökonomische Betrachtung in den Fokus. Saro Ratter (Schweisfurth Stiftung) zeigte die Entwicklung der kuhgebundenen Kälberaufzucht in der Öko-Milchviehhaltung Bayerns auf und plädierte für umfangreichen Wissenstransfer sowie den Aufbau von modellhaften Wertschöpfungsketten.

Am Nachmittag wurden einzelne Themen in Workshops vertieft, z. B. warum Milch und Fleisch zusammengehören, wie die Platzierung von Bio-Rindfleischprodukten aus der Milchviehhaltung im Bio-Großhandel gelingt oder wie die kuhgebundene Kälberaufzucht im Deckungsbeitragsrechner berücksichtigt wird. Und ob und inwiefern die Milchleistungsprüfung (MLP) für Betriebe mit kuhgebundener Kälberaufzucht funktionieren kann.

Quelle: Hochschule Weihenstephan-Triesdorf

Kostenfreies Online-Seminar „Staatliche Tierhaltungskennzeichnung verstehen und umsetzen“

Zum 1. August 2024 wird die staatliche Tierhaltungskennzeichnung in Deutschland verpflichtend. Welche Anforderungen sich genau hinter dem Tierhaltungskennzeichnungsgesetz verbergen und wie sich der aktuelle Stand der Umsetzung gestaltet, erläutert ein neues, kostenfreies Live-Online-Seminar der QS-Akademie, auf das wir Sie gern gesondert aufmerksam machen möchten.

Das in Kooperation mit der Initiative Tierwohl (ITW) veranstaltete Online-Seminar „Staatliche Tierhaltungskennzeichnung verstehen und umsetzen“, das am 13. August 2024 (15:00 bis ca. 17:00 Uhr) stattfindet, fasst anschaulich die wichtigsten Kriterien der verschiedenen Haltungsstufen und der daraus resultierenden Pflichten für Tierhalter und Schlachtbetriebe zusammen.

Zusätzlich erfahren die Teilnehmer des Seminars, das sich an Tierhalter und Tierbetreuer schweinehaltender Betriebe sowie an Berater, QS-Bündler und Schlachtbetriebe richtet, in welchen Punkten die staatlichen Anforderungen und privatwirtschaftlichen Haltungsform Unterschiede und Gemeinsamkeiten aufweisen. Ein Überblick zur Vereinbarung einer Teilnahme an der Initiative Tierwohl (ITW) mit dem Gesetz rundet das Seminar ab.

Quelle: QS Qualität und Sicherheit GmbH

Initiative Tierwohl startet in ihr 10. Jahr: so geht es ab Januar 2025 weiter

* Zukunft der ITW bis mindestens 31. Dezember 2027 gesichert
* Anpassung an staatliche Tierhaltungskennzeichnung ab 2025
* Neue Kriterien in 2025 für Schweine- und Geflügelhalter, Details für Rinderhalter folgen

Die Initiative Tierwohl (ITW) gab heute bekannt, wie sie in das 10. Jahr ihres Bestehens startet. Alle Beteiligten aus Landwirtschaft, Fleischwirtschaft und Handel haben sich darauf verständigt, wie es ab 2025 weitergeht. Neue ITW-Programme für Schwein und Geflügel sichern den Fortbestand von Deutschlands führender Tierwohlinitiative bis mindestens Ende 2027. Damit leistet die ITW als Brancheninitiative über den 1. Januar 2025 hinaus weiterhin einen entscheidenden Beitrag zur Förderung einer tiergerechteren Fleischerzeugung. Weiterentwicklung und Ergänzung der Kriterien für mehr Tierwohl sind ebenso zentrale Bestandteile der nun unterzeichneten Branchenvereinbarungen wie eine angemessene Aufpreisempfehlung für die Landwirte, die diese Maßnahmen umsetzen. Auch die Fortsetzung des ITW-Programms für Rind soll bald auf den Weg gebracht werden.

Verbesserte Haltungsbedingungen für die Tiere
Ab 2025 passt die ITW ihr Programm an die Anforderungen der Stufe zwei der staatlichen Tierhaltungskennzeichnung „Stall + Platz“ an, die zunächst nur für die Schweinemast gilt. Die Schweine erhalten dann 12,5 statt bisher 10 Prozent mehr Platz im Stall als gesetzlich vorgeschrieben. Außerdem müssen die Tierhalter in jeder Bucht drei Buchtenstrukturierungselemente anbieten. Damit erfüllen ITW-Schweinemäster ab 01.01.2025 die Anforderungen der Haltungsformstufe 2 sowie die der Stufe „Stall + Platz“ des staatlichen Tierhaltungskenn-zeichnungsgesetzes. Darüber hinaus setzen sie zahlreiche weitere Maßnahmen für mehr Tierwohl im Stall um.

Die Hähnchenhalter in der ITW werden ihren Tieren zusätzlich zu diesen bislang geltenden Anforderungen Strukturierungselemente für die Haltungsumwelt anbieten. Für die Putenhaltung gilt diese zusätzliche Anforderung neben weiteren neuen Anforderungen ebenfalls. So müssen u.a. Dämmerlichtphasen wie bereits jetzt in der Hähnchenmast künftig auch bei den Puten, die in geschlossenen Stallungen leben, umgesetzt werden. Außerdem muss auch die Aufzucht von Puten künftig bestehende Tierwohlanforderungen erfüllen. Die neuen Preisempfehlungen für ITW-Mastgeflügel liegen bei 2,97 Cent pro kg für Hähnchen, 3,64 Cent pro kg für Putenhennen und 4,38 Cent pro kg für Putenhähne.

Die neuen Kriterien, die in den Branchenvereinbarungen festgelegt wurden, sind ab 1. Januar 2025 für alle teilnehmenden Schweinehalter, ab 1. Juli 2025 für alle teilnehmenden Geflügelhalter bindend. Auch in der neuen Programmphase wird die Umsetzung in allen Betrieben, die an der ITW teilnehmen, zwei Mal jährlich kontrolliert.

Schließung der Lieferkette bei Schwein
Die ITW hat ein Bonussystem für die Vermarktung von nämlichen Ferkeln eingeführt. Nämlichkeit bedeutet, dass die Tiere von der Geburt bis zur Schlachtung unter ITW-Bedingungen gehalten wurden. Ferkelaufzüchter, die an ITW-Mäster liefern, erhalten ein höheres Tierwohlentgelt im Vergleich zu Aufzüchtern, die an Mäster ohne ITW-Beteiligung liefern. Diese Differenz soll dazu animieren, die Lieferkette von der Geburt bis zur Schlachtung zu schließen. Zudem erhalten die Ferkelaufzüchter bis zum 31. Dezember 2026 das Entgelt weiterhin aus dem sogenannten Ferkelfonds.

Ab dem 1. April 2025 soll die Nämlichkeit zusätzlich durch eine differenzierte Aufpreisempfehlung in der Schweinemast gefördert werden. Mäster, die ausschließlich ITW-Ferkel beziehen, sollen dann einen Aufschlag von 7,50 Euro pro Tier erhalten. Mäster, die zwar die ITW-Standards einhalten, aber die Ferkel nicht von an der ITW teilnehmenden Aufzüchtern beziehen, sollen 6,50 Euro erhalten. Ab dem 1. Januar 2026 wird die letztgenannte Aufpreisempfehlung auf 6,00 Euro sinken.

Ab dem 1. Januar 2027 sollen dann die durchgängige Nämlichkeit erreicht und die gesamte Kette aus Sauenhaltung, Ferkelaufzucht und Mast in eine Marktlösung überführt werden, sodass der Umstellungsfonds für Ferkel entfällt.

Um das Tierwohl der Schweine über Deutschlands Grenzen hinaus zu fördern, die Nämlichkeit in der Breite umzusetzen und zugleich einheitliche Marktbedingungen zu fördern, sollen künftig auch ausländische Ferkelerzeuger und Mäster stärker einbezogen werden.

Sicherung der Nachfrage und ITW-Rind
Mit all diesen Veränderungen strebt die ITW an, auch in Zukunft für mehr Tierwohl zu sorgen. Die wachsende Teilnehmerzahl für das ITW-Programm ab 2025 ermöglicht, dass auch künftig viele Produkte im Lebensmitteleinzelhandel auf mehr Tierwohl umgestellt werden können und die Nachfrage in Richtung Landwirtschaft gesichert bleibt.
Das bereits 2022 gestartete Programm für Rinderhalter soll ebenfalls fortgesetzt werden. An den Rahmenbedingungen arbeitet die ITW derzeit gemeinsam mit den Partnern aus der Wirtschaft. Ziel ist es weiterhin, auch hier mehr Tierwohl für die Breite zu ermöglichen.

Quelle: Gesellschaft zur Förderung des Tierwohls in der Nutztierhaltung mbH

Eiweißbilanz: Anteil heimischer Hülsenfrüchte in Futtermitteln fällt um 6,5 Prozent

Das Bundesinformationszentrum Landwirtschaft (BZL) hat für das Wirtschaftsjahr 2022/23 sein vorläufiges „Feed Protein Balance Sheet“ für Deutschland veröffentlicht. Rund 2,6 Millionen Tonnen Hülsenfrüchte (ohne Sojabohnen) und Futterleguminosen kamen demnach aus heimischer Produktion. Das verfügbare Gesamtfutteraufkommen ging im Vergleich zum Vorjahr um 30,2 Millionen Tonnen zurück, bei gestiegener Eiweißlücke von 16 Prozent (2021/22: 15 Prozent). Importbedarf bestand nach wie vor an Futtermitteln mit höheren Proteingehalten, wie beispielsweise Soja-Schrot.

Die Verfütterung von heimischen Leguminosen hat nach BZL-Angaben im vergangenen Wirtschaftsjahr leicht abgenommen. Das gilt sowohl für Körnerleguminosen wie Ackerbohnen, Erbse und Lupine, als auch für die Leguminosen zur Ganzpflanzenernte wie Luzerne und Klee.

So ist der Anteil von Hülsenfrüchten (ohne Sojabohnen) und Futterleguminosen am Gesamtfutteraufkommen um 6,5 Prozent auf 2.591.000 Tonnen gesunken (2021/22: 2.771.000 Tonnen).

Schlechtere Grundfutterernte
Insgesamt waren im vergangenen Wirtschaftsjahr mit rund 100,5 Millionen Tonnen Gesamtfutteraufkommen rund 30,2 Millionen Tonnen deutlich weniger Futter in Deutschland verfügbar als im vergangenen Wirtschaftsjahr (2021/22: 130,7 Mio. Tonnen). Der Rückgang ist insbesondere auf eine trockenheitsbedingte schlechtere Grundfutterernte zurückzuführen. Das Inlandsfutter machte mit 96,2 Millionen Tonnen (2021/22: 120,9 Mio. Tonnen) den größten Teil des Gesamtfutteraufkommens in Produktgewicht aus.

Bezogen auf das Produktgewicht hatten Gras und Silomais einen Anteil von 61,5 Prozent am Gesamtfutteraufkommen, inländisch erzeugtes Getreide 23 Prozent, Futterleguminosen einen Anteil von 2,1 Prozent, Hülsenfrüchte und Ölsaaten (inklusive Sojabohnen) kamen zusammen auf 0,6 Prozent. Der Anteil am Gesamtfutteraufkommen von Ölkuchen/Ölschrote lag bei 7,3 Prozent, sonstige Nebenprodukte bei sechs Prozent.

Importe: Sojaschrot an erster Stelle
Insgesamt wurden 4,36 Millionen Tonnen Futtermittel (Produktgewicht) importiert. Das sind zwölf Prozent weniger als im Vorjahr. Von den Importen entfielen 59,9 Prozent auf Sojaschrot, 39,6 Prozent auf Rapsschrot und 15,6 Prozent auf Futtergetreide.

Eiweißlücke steigt bei zurückgegangenem Futteraufkommen
Darüber hinaus zeigt das „Feed Protein Balance Sheet“ auch die sogenannte Eiweißlücke. Sie entspricht dem Anteil des importierten Futters am Gesamtfutteraufkommen, jeweils umgerechnet in den Proteingehalt. Bei den Importen handelt sich hauptsächlich um hochwertige Proteinfuttermittel wie Soja, das überwiegend aus Übersee importiert wird. Die Daten für das Wirtschaftsjahr 2022/23 zeigen: Insgesamt stammen 84 Prozent des Gesamtfutteraufkommens (bezogen auf den Rohproteingehalt) aus dem Inland. Die Eiweißlücke stieg demnach auf 16 Prozent (Vorjahr: 15 Prozent).

Hintergrund
Im „Feed Protein Balance Sheet“ wird das Gesamtfutteraufkommen im Verhältnis zur Gesamtinlandsverwendung jedes Rohstoffes aufgeführt. Damit wird es möglich, die Entwicklungen in der Eiweißversorgung zu verfolgen und die Wichtigkeit einzelner Futtermittel einzuschätzen.

Das vorläufige „Feed Protein Balance Sheet“ für das Wirtschaftsjahr 2022/23 gibt es als Zeitreihe unter www.ble.de/futter.

Quelle: Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung

Online-Erfahrungsaustausch Stockmanship mit Philipp Wenz am 29. August 2024

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Sie haben ein Stockmanship-Seminar bei mir besucht, kürzlich oder schon etwas länger her? Manches funktioniert, anderes nicht? Sie interessiert, was Sie ändern können oder wie Kollegen mit solchen Situationen umgehen?

Sie erinnern das ein oder andere Detail Ihrer Schulung nicht mehr und würden sich gerne vergewissern – oder Sie wollen sich einfach mit Kollegen austauschen?

Dafür möchte ich regelmäßig online einen Erfahrungsaustausch anbieten – den Anfang möchte ich mit Ihnen am 29. August 2024 machen.

Anmeldung über https://www.stockmanship.de/#termine oder gruhn@stockmanship.de

Nach Ihrer Anmeldung bekommen Sie einen Link zum Seminar. Für alle, die bereits an einem/r Seminar/Schulung mit mir teilgenommen haben, ist die Teilnahme kostenlos.

Den Link bekommen Sie als E-Mail, nachdem Sie sich angemeldet haben.

Für alle, die bislang noch nicht teilgenommen haben und neugierig sind, bitten wir um eine Gebühr von 20€ plus MwSt. – Sie erhalten nach Ihrer Anmeldung eine Rechnung und den Online Link.

Beginn: 19:00 Uhr

Philipp Wenz
Blankenförde 16
17252 Mirow
Coach für effizientes Herdenmanagement
Wirtschaftlichkeitsberatung Mutterkuhbetriebe
www.stockmanship.de

Weitere Informationen hier.

E-Magazin „Der Hoftierarzt“ 3/2024 steht zum kostenfreien Abruf bereit

„Der Hoftierarzt“ Ausgabe 3 / 2024 steht für Sie zum Abruf bereit und bietet folgende Themen:

Themenschwerpunkt Kälber:
• Keinen Tropfen verschwenden: Kolostrum und Transitmilch
• Einfluss Fütterungsmanagement auf Eutergesundheit und Fruchtbarkeit
• Kuhgebundene Kälberaufzucht
• Hitzestress beeinflusst Mikrobiom bei Milchkälbern
• Biomarker für oxidativen Stress bei Kälbern mit Durchfall

Weitere Themen:
• Boehringer Ingelheim: Impfstoff gegen das Blauzungenvirus Serotyp 3
• Lawsonien-Impfung macht Schweinehaltung nachhaltiger
• Animal Health Info System – Digitalisierung Bestandsbetreuung
• Anforderungen an Außenklimaställe für Schweine
• InnoMOO übernimmt Vertrieb von Pectolit® für Deutschland
• Natupig Safety-Linie – Der Weg zum antibiotikafreien Absetzen
• Stetig steigende Ferkelzahlen – Management großer Würfe
• GEA ergänzt mit Übernahme von CattleEye sein Portfolio
• Stallmonitoring mit Kameras von VetVise
• Tierschutz-Probleme in der Haltung von Lamas und Alpakas
• Neue Tierschutzleitlinie für die Schafhaltung

Das Tiergesundheits-Magazin für Nutztierhalter erscheint alle zwei Monate im praktischen PDF-Format. Jetzt 1 x registrieren, 1 x in der Bestätigungs-Mail klicken und dann gleich kostenfrei downloaden und lesen!

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Ab Juli 2024: Haltungsform-Kennzeichnung wird fünfstufig

• Haltungsform-Kennzeichnung wird ab 1. Juli 2024 fünfstufig
• Bezeichnungen der Stufen ändern sich
• Anpassung der Kriterien für Schwein an staatliche Kennzeichnung

Bonn, 05.07.2024 – Die Haltungsform-Kennzeichnung wird ab dem 1. Juli um eine fünfte Stufe erweitert und passt die Bezeichnungen der einzelnen Stufen der ebenfalls fünfstufigen staatlichen Tierhaltungskennzeichnung für Schweinefleisch an. Die Änderungen der Bezeichnungen der einzelnen Stufen werden für alle Tierarten vorgenommen. Das betrifft die Kennzeichnung von Fleisch und Fleischwaren von Hähnchen, Puten, Enten, Rindern, Schweinen und Kaninchen sowie von Milch und Milchprodukten von Kühen. Der gesamte Anpassungsprozess beginnt am 01. Juli 2024 und wird ungefähr ein Jahr lang in Anspruch nehmen. Auch die Kriterien für Schweinefleisch werden innerhalb dieser Umstellungsphase an die staatliche Tierhaltungskennzeichnung angepasst. Durch diesen Prozess wird die inzwischen laut forsa-Befragung aus November 2023 bei 80 Prozent der Deutschen bekannte Haltungsform-Kennzeichnung auch weiterhin für Transparenz beim Einkaufen sorgen und Verbrauchern ermöglichen das Thema „Tierwohl“ bei ihrer Kaufentscheidung zu berücksichtigen.

Die Umstellung der Haltungsform bei den teilnehmenden Unternehmen erfolgt in enger Rücksprache mit den Lieferanten. Während des gut einjährigen Umstellungszeitraums kann es aufgrund bestimmter Produktionsprozesse und der Komplexität des Angebots dazu kommen, dass für Verbraucher sowohl Produkte mit der vierstufigen als auch Produkte mit der fünfstufigen Kennzeichnung zeitgleich in den Sortimenten zu finden sein werden. Nach und nach finden Verbraucher immer mehr Produkte mit der neuen, fünfstufigen Kennzeichnung

Während die ersten vier Stufen Qualitätssicherungsprogramme (Stufe 1) und Tierwohlprogramme (Stufen 2 bis 4) einordnen, steht die neue fünfte Stufe für BIO-Programme. Mit dieser Neustrukturierung der Einstufung folgt die Haltungsform den Vorgaben der staatlichen Tierhaltungskennzeichnung für Schweinefleisch. Die beiden Kennzeichnungen sollen in Zukunft widerspruchsfrei nebeneinander bestehen. Dadurch soll Verbrauchern weiterhin eine transparente Einordnung zur Qualität des jeweiligen Tierwohlprogramms nach einem einheitlichen System ermöglicht werden. Die Haltungsform-Kennzeichnung gilt im Gegensatz zur staatlichen Kennzeichnung für alle gängigen Nutztierarten und umfasst auch frisches, unverarbeitetes, gewürztes oder mariniertes und verarbeitetes Fleisch. Haltungsform und staatliche Kennzeichnung bilden künftig ein einheitliches Orientierungssystem.

Über die Haltungsform-Kennzeichnung
Die Haltungsform-Kennzeichnung ist eine fünfstufige Siegel-Klassifikation für tierische Erzeugnisse, die ab Juli 2024 von vier auf fünf Stufen umgestellt wird. Sie wurde im April 2019 eingeführt. Sie klassifiziert Tierwohl-Siegel und Qualitätssicherungsprogramme entsprechend ihren Anforderungen an die Tierhalter und dem sich daraus ergebenden Tierwohl-Niveau. Die Kennzeichnung finden Verbraucher auf Verpackungen bei ALDI Nord, ALDI SÜD, Bünting Gruppe, EDEKA, Kaufland, LIDL, Netto Marken-Discount, PENNY, REWE und McDonlad‘s. Die „Haltungsform“ steht weiteren Unternehmen offen.

Die Gesellschaft zur Förderung des Tierwohls in der Nutztierhaltung mbH ist Trägerin der Haltungsform-Kenn-zeichnung. Sie organisiert die korrekte Eingruppierung von Standards und Programmen in die Systematik dieses Haltungskennzeichens, überwacht die korrekte Anwendung und Umsetzung dieser Systematik und unterstützt die teilnehmenden Unternehmen in der Kommunikation gegenüber Öffentlichkeit und Verbrauchern.

Vollständige Informationen zu den Kriterien der einzelnen Stufen erhalten Verbraucher auf der Webseite zur Haltungsform unter www.haltungsform.de.

Geflügelpest: Biosicherheitsmaßnahmen streng einhalten – Betrieb in Grafschaft Bentheim betroffen

Die hochpathogene Geflügelpest (aviäre Influenzavirus vom Subtyp H7) wurde in einem Betrieb mit rund 90.000 Legehennen in der Grafschaft Bentheim festgestellt. Dies haben Untersuchungen des nationalen Referenzlabors des Friedrich-Loeffler-Instituts (FLI) heute ergeben. Der Landkreis hat die erforderlichen Schutzmaßnahmen eingerichtet und führt Untersuchungen in Nachbarbetrieben durch. Die Tiere wurden entsprechend den Vorgaben des EU-Tiergesundheitsrechts tierschutzgerecht getötet.

In diesem Zusammenhang appelliert das Niedersächsische Landwirtschaftsministerium (ML) an die niedersächsischen Betriebe, die Biosicherheitsmaßnahmen unbedingt einzuhalten und gegebenenfalls zu verbessern. Tierhalterinnen und Tierhalter, die Auffälligkeiten – etwa eine verminderte Futter- und Wasseraufnahme der Tiere, vermehrte Todesfälle im Tierbestand oder andere klinische Symptome – bemerken, sollten sich umgehend beim zuständigen Veterinäramt melden. Bisher gab es 2024 zwei Ausbrüche der Geflügelpest in niedersächsischen Betrieben: Im Januar wurde die anzeigepflichtige Seuche in einer Putenhaltung im Landkreis Emsland und in einer Legehennen-Freilandhaltung im Landkreis Northeim festgestellt. Bei Wildvögeln wurde der jüngste Nachweis in Niedersachsen im März bei einer Möwe im Landkreis Friesland (Wangerooge) festgestellt. Im Jahr 2023 waren insgesamt 17 Betriebe mit rund 220.700 Tieren betroffen.

Hintergrund
Das hochpathogene aviäre Influenzavirus vom Subtyp H5 zirkuliert inzwischen ganzjährig im Wildvogelbestand und verursacht bei Geflügel die sogenannte Vogelgrippe (Geflügelpest). Weltweit wurde das hochpathogene aviäre Influenzavirus zudem mehrfach bei wildlebenden Säugetieren nachgewiesen. Die vermehrten Nachweise auch bei Säugetieren könnten darauf hindeuten, dass sich das Virus besser an Säugetiere anpasst. In den Vereinigten Staaten wurde eine Infektion mit dem Vogelgrippe-Virus außerdem erstmals bei Milchkühen festgestellt, einen Impfstoff gibt es derzeit nicht. Das Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (LAVES) hat bisher Tankmilchproben aus 168 Milchviehhaltungen auf aviäres Influenzavirus untersucht. Dabei wurde das Virus nicht nachgewiesen. Derzeit laufen Untersuchungen von Tankmilchproben aus weiteren rund 100 Betrieben. Außerdem werden in Niedersachsen seit dem Jahr 2023 in einem Monitoring wild lebende Prädatoren wie zum Beispiel Füchse, Waschbären und Marder auf Influenzaviren untersucht. Bisher wurden insgesamt 157 Untersuchungen durchgeführt. Bei sechs Füchsen wurde im Jahr 2023 eine Infektion mit dem hochpathogenen aviären Influenzavirus Subtyp H5 nachgewiesen. In diesem Jahr wurde das Virus bislang nicht nachgewiesen. Das ML macht darauf aufmerksam, dass die vermehrten Fälle bei Säugetieren sehr aufmerksam beobachtet werden müssen.

Weitere Informationen zur Vogelgrippe gibt es hier und hier.

Eine für die Optimierung der betrieblichen Biosicherheit bietet das „Niedersächsische Biosicherheitskonzept für Geflügel haltende Betriebe zum Download an.

Das Infoblatt „Verhaltensregeln für kleine Geflügelhobbyhaltungen“ gibt eine Übersicht über die wichtigsten Biosicherheitsmaßnahamen für kleine Geflügel-Hobbyhaltungen. Download-Link.

Quelle: Nds. Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz

Strategien zur Minimierung von Kümmerern in der Aufzucht

Eine Forschergruppe an der Kansas State University (Wensley et al.) gibt Praxistipps für das Management von Kümmerern. Die vollständige Vermeidung von Kümmerern ist eine Herausforderung, daher sei es wichtig zu wissen, wie man sie richtig behandelt, schreiben die Autoren.

Krankenbuchten sollen mit einer zusätzlichen Wärmequelle ausgestattet sein, um die Schweine warm und trocken zu halten und auch die Vermeidung von Zugluft ist von entscheidender Bedeutung. Daher muss der Abstand zu Wandventilatoren und Lufteinlässen in der Decke beachtet werden. Normalerweise wird empfohlen, diese Buchten nicht in der Nähe von Außenwänden zu platzieren, in manchen Fällen kann es jedoch erforderlich sein. Dann sollte eine feste Trennwand eigezogen werden, um übermäßige Zugluft zu verhindern. Aus diesem Grund sind auch Liegematten wichtig, da sie den Schweinen einen festen Schlafplatz bieten und gleichzeitig die Zugluft reduzieren. Um ein Mikroklima auf der Buchtenrückseite zu schaffen, können auch Kunststoffabdeckungen oder -planen verwendet werden.

Oberste Priorität hat dabei, dass die Schweine nicht weit laufen müssen, um Futter, Wasser oder zusätzliche Wärme zu finden, insbesondere in großen Ställen. Häufige Tierkontrollen im Laufe des Tages sollten Standard sein und Tierbetreuer sollten die Schweine zum Aufstehen sowie zur Futter- und Wasseraufnahme bewegen. Dabei soll immer auch die Entwicklung aller Tiere beobachtet werden um sicherzustellen, dass bei Bedarf rechtzeitig eine Euthanasie durchgeführt wird.

Strategien zur Minimierung der Anzahl von Kümmerern in der Aufzucht:

1) Vor dem Absetzen:
• Bodenmatten und Wärmelampen vor dem Abferkeln anbringen.
• Raumtemperatur (22 °C) und Lüftungssollwerte einstellen.
• Gesundheitszustand der Herde ermitteln.
• bei Würfen mit mehr als neun Schweinen sollte „split suckling“ angewandt werden (getrenntes Säugen von Wurfgeschwistern an der Mutter direkt nach der Geburt).
• Wurfausgleich zwischen großen und kleinen Würfen.
• Wird Beifütterung praktiziert sollte der kontinuierliche Zugang zu sauberem Futter gewährleistet sein.
• Säugende Ferkel sollten möglichst in ihrer Gruppe bleiben.

2) Nach dem Absetzen:
• Bodenmatten und Wärmelampen vor dem Abferkeln anbringen.
• Futtertröge füllen und so einstellen, dass vor der Ankunft der Schweine guter Futterfluss gewährleistet ist.
• Wasser einschalten, Tränken auf die richtige Höhe einstellen und ausreichende Durchflussraten sicherstellen.
• Raumtemperatur (23 °C bis 29 °C) und Lüftungssollwerte einstellen.
• Die leichtesten 10 % der Tiere in Gruppen mit einheitlichem Körpergewicht und den Rest in gemischte Gruppen sortieren.
• den leichtesten Ferkeln in den ersten 3 bis 10 Tagen nach dem Einstallen, je nach Gesundheitszustand, bis zu viermal pro Tag Brei anbieten.
• Schweine sollten beobachtet und dazu gebracht werden, mindestens zweimal pro Tag aufzustehen.

3) In der Krankenbucht:
• Befindet sich in der Mitte des Raumes, entfernt von Außenwänden.
• Liegematten und Wärmelampen vorhanden.
• Die Bei- und Breifütterung sollte erfolgen, bis volle Bäuche zu sehen sind.
• Bei Bedarf sollten Paneele, Kunststoffabdeckungen oder Planen verwendet werden, um Zugluft zu minimieren.
• Schweine sollten beobachtet und ermutigt werden, sich viermal pro Tag zu bewegen

*Studie: Wensley, M. et al.: Strategies to minimize fallback pigs in the nursery. Journal of swine health and production2023, Volume 31, number 5.

Zuerst erschienen im E-Magazin „Der Hoftierarzt“ 2/2024

Antibiotika-Minimierung nach TAMG: Kontrolle mit Augenmaß

Auf Initiative der Tierärztekammer Niedersachsen in Zusammenarbeit mit dem Landvolk Niedersachsen fand in der Tierärztekammer in Hannover ein Gespräch zwischen dem Landwirtschaftsministerium, dem LAVES, dem Schweine- und Rindergesundheitsdienst Niedersachsen und Vertretern kommunaler Veterinärbehörden statt.

Anknüpfend an ein Gespräch aus dem Juli 2023 konnte verdeutlich werden, dass es in dem neuen System etliche Anlaufschwierigkeiten gab, auf die verbandsseitig (BpT, DBV, ZDG) auch auf Bundesebene hingewiesen wurde. Hiervon betroffen sind die Meldungen nach § 57 TAMG, die u.a. die Datengrundlage zur Berechnung der betrieblichen Therapiehäufigkeit und der jährlichen Kennzahlen bilden, die am 15. Februar 2024 erstmals bekanntgegeben worden sind.

Im Besonderen betraf dies die Sendungen der antimikrobiell wirksamen Arzneimittel aus den ersten Monaten des Jahres 2023, da die Praxissoftwaresysteme erst ab Mai/Juni 2023 an die Schnittstellen der HIT-Datenbank angepasst waren. Dazu kommt, dass sich immer noch nicht alle Tierhalter mit ihren mitteilungspflichtigen Nutzungsarten in der Datenbank angemeldet haben und/oder ihre Tierbewegungen in HIT nicht oder nur unvollständig angegeben haben.

Aus diesen Fakten ergibt sich, dass die Bundeskennzahlen nicht korrekt sein können und echte Reduktionsbemühungen auf dieser Basis weder sinnvoll noch rechtskonform sind.

Es wurde im Laufe der weiteren Gespräche ein Konsens für die Maßnahmenpläne 2023/2 gefunden: Damit alle im System beteiligten Personenkreise sich mit der Antibiotikaminimierung auseinandersetzen und so am und im System trainieren, müssen zwar alle Maßnahmenpläne oberhalb der Bundeskennzahl 2 eingereicht werden, allerdings erfolgt die Kontrolle risikoorientiert nach einem niedersächsischen Schlüssel. Bei Fehlern wie zum Beispiel verspätet abgegebenen Maßnahmenplänen, fehlerhaften Tierzahl- oder Antibiotikaeingaben haben die Kontrollbehörden die Möglichkeit ihren Ermessensspielraumes auszuschöpfen.

Als rechtskonforme Vorlagen für den Maßnahmenplan können sowohl die Muster vom BpT und BTK genutzt werden als auch die auf der Homepage vom LAVES veröffentlichten verwendet werden:

Quelle: Tierärztekammer Niedersachsen

Amtseinführung von TiHo-Präsident Professor Dr. Klaus Osterrieder

Seit dem 1. April dieses Jahres bekleidet der Virologe Professor Dr. Klaus Osterrieder das Amt des Präsidenten der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover (TiHo). Am gestrigen Dienstag wurde er feierlich in sein neues Amt eingeführt.

Niedersachsens Wissenschaftsminister Falko Mohrs hielt während der Veranstaltung ein Grußwort: „Prof. Dr. Klaus Osterrieder verfügt über eine beeindruckende Kombination aus wissenschaftlicher Exzellenz, internationaler Erfahrung und visionärer Führungsqualität. Ich bin überzeugt, dass er die TiHo weiterhin auf ihrem Weg des Erfolgs halten wird.“ Niedersachsens Landwirtschaftsministerin Miriam Staudte sagte: „Die TiHo ist eine der renommiertesten Universitäten weltweit, die sich erfolgreich für Mensch und Tier mit Forschung, Lehre und Dienstleistungen einsetzt. Mit Prof. Dr. Klaus Osterrieder übernimmt ein ausgewiesener Experte der Tiermedizin und der Virologie die Führungsrolle, der noch dazu auf einem landwirtschaftlichen Betrieb aufgewachsen ist – ein Pluspunkt im Agrarland Niedersachsen. Ich wünsche Prof. Osterrieder einen guten Start und danke auch den hochmotivierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und Studentinnen und Studenten, die zu dem großen Erfolg der TiHo beitragen.“ Professor Dr. Wolfgang Brück, Sprecher des Vorstands der Universitätsmedizin Göttingen und Mitglied im Stiftungsrat der TiHo, überreichte TiHo-Präsident Osterrieder die Amtskette der TiHo. Er hob die wichtige Zusammenarbeit zwischen Human- und Tiermedizin hervor: „Eine spannende und arbeitsreiche Zeit liegt vor uns. Wir werden unser Bestes geben, dieses Ziel mit dir zu erreichen.“

Die knapp drei Monate im neuen Amt nutzte Osterrieder, um sich intensiv mit der TiHo zu befassen und zahlreiche interne und externe Gespräche zu führen. Die Arbeit der TiHo betreffe, so Osterrieder in seiner Antrittsrede, immer die Gesundheit und das Wohlergehen von Tieren und Menschen. Er sagte, dass die Verantwortung der TiHo weit über die in der Berufsordnung für Tierärztinnen und Tierärzten definierten Aufgaben hinausgehen: „Sie orientieren sich an den 17 Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen. Insbesondere zählen dazu: keine Armut, kein Hunger, Gesundheit und Wohlergehen, hochwertige Bildung und Klimaschutz. Darum müssen wir Wissen liefern und uns in die Entwicklung einbringen.“

Professor Dr. Klaus Osterrieder
Professor Dr. Klaus Osterrieder wuchs auf einem familiengeführten Milchviehbetrieb in Bayern auf. Er studierte zunächst zwei Semester Agrarwissenschaften bevor er an der Ludwig-Maximilians-Universität München das Tiermedizinstudium begann. Er promovierte im Jahr 1993 und habilitierte sich 1997 im Fach Virologie. Anschließend war er bis 2002 auf der Insel Riems Gruppenleiter am Friedrich-Loeffler-Institut und bis 2007 in den USA als Associate Professor für Virologie am College of Veterinary Medicine der Cornell University tätig. Im Jahr 2007 erhielt er in Cornell eine Professur für Virologie. Mit der Universität Cornell ist er bis dato über eine außerordentliche Professur verbunden. Ende 2007 nahm er einen Ruf an die Veterinärmedizinische Fakultät der FU Berlin an. In Berlin übernahm Osterrieder 2007 die Leitung des Instituts für Virologie und baute es erfolgreich aus.

Von 2011 bis 2013 setzte sich Osterrieder für zwei Jahre als Vizedekan für Forschung für die Belange der Veterinärmedizinischen Fakultät ein und war von 2014 bis 2020 für sechs Jahre Direktor der Graduate School ZIBI – Center of Infection Biology and Immunity in Berlin. Im Jahr 2020 ging er für zweieinhalb Jahre nach Hong Kong und leitete als Dekan den Jockey Club of Veterinary Medicine and Life Sciences der City University of Hong Kong. Trotz der widrigen Umstände während der Pandemie und des Nationalen Sicherheitsgesetzes in Hong Kong etablierte er in der Zeit unter anderem, ein akkreditiertes tiermedizinisches Ausbildungsprogramm.

Quelle: Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover

Özdemir begrüßt Vorreiterrolle Niedersachsens bei der Umsetzung des Tierhaltungskennzeichnungsgesetzes

Das Land Niedersachsen hat als eines der ersten Bundesländer Festlegungen zur Zuständigkeit, zur Meldung und zu den Kriterien im Rahmen der staatlichen Tierhaltungskennzeichnung veröffentlicht. Dies ist ein wichtiger Schritt zur Umsetzung des Tierhaltungskennzeichnungsgesetzes (THKG). Demnach sind schweinehaltende Betriebe in Deutschland dazu verpflichtet, bis zum 1. August 2024 der jeweils zuständigen Landesbehörde zu melden, in welche der fünf Haltungsformen ihre Mastschweinehaltung einzuordnen ist. Wohin diese Meldung erfolgen muss, wird durch die Bundesländer festgelegt. Dass trotz fast einjähriger Vorbereitungszeit viele Bundesländer noch keine solchen notwendigen Festlegungen getroffen oder kommuniziert haben, hat zuletzt zu Verunsicherungen in der Branche geführt.

Dazu können Sie Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir wie folgt zitieren: „Ich will, dass auch in Zukunft gutes Fleisch aus Deutschland kommt. Die staatliche Tierhaltungskennzeichnung ist für das Ziel einer zukunftsfähigen Tierhaltung in Deutschland die Ausgangsbasis. Gut, dass Niedersachsen vorangeht – und nichts anderes hätte ich auch von dem Bundesland mit der meisten Schweinehaltung erwartet. Damit können die Landwirtinnen und Landwirte dort nun ihre Meldungen vorbereiten und das schafft natürlich Planungssicherheit. Ich bin überzeugt, dass auch die weiteren Bundesländer die gesetzliche Rechtslage zeitnah umsetzen, und bei Fragen steht mein Ministerium natürlich jederzeit beratend zur Seite.“

Hintergrund:
Das THKG ist ein zentraler Baustein bei der zukunftsfesten Weiterentwicklung der Tierhaltung in Deutschland. Damit wird eine Grundlage gelegt, um Verbraucherwünsche nach mehr Tierschutz sowie verlässliche Perspektiven für Landwirtinnen und Landwirte in Einklang zu bringen. Das BMEL greift damit Empfehlungen der sogenannten Borchert-Kommission auf, die in der letzten Wahlperiode eingesetzt worden war.

Mit dem Vollzug des THKG sind aufgrund grundgesetzlicher Regelungen die Bundesländer betraut. Das Gesetz sieht jedoch auch Regeln vor, die den Ländern weitreichende Möglichkeiten bei der Umsetzung einräumen. Das THKG ist zum 1. August 2023 in Kraft getreten. Die Länder haben seitdem ein Jahr Zeit, um sich auf den Vollzug des Gesetzes vorzubereiten.

In einem ersten Schritt geht es zunächst lediglich darum, dass Landwirtinnen und Landwirte die Tierhaltungsform an die zuständigen Behörden melden und von dort eine Kennnummer erhalten, aus der die Haltungsform hervorgeht. Fragen der Zuständigkeit und des Vollzugs sollten aus Sicht des Bundes schnellstmöglich geklärt werden, um so Klarheit und Planungssicherheit für die Landwirtinnen und Landwirte zu schaffen.

Quelle: BMEL

Nachimpfung von gemauserten Elterntieren für die Hähnchenmast empfohlen

Broiler-Elterntierherden gehen immer häufiger in die Mauser, um einen zweiten Legezyklus einzuleiten. Das ist nahhaltiger und sorgt für mehr Bruteier, denn in den USA werden die Elterntiere derzeit häufig noch zwischen 60 bis 65 Wochen ausgetauscht. Um die Elterntiere vor Newcastle Disease (ND) und Infektiöse Bronchitis (IB) zu schützen und die Nachkommen mit mütterlichen Antikörpern gegen das Reovirus (REO) und die infektiöse Bursitis (IBD) zu versorgen, ist es in den USA üblich, sie vor dem ersten Legezyklus in einem Alter von 15 Wochen mit einem 4-fach-Totimpfstoff zu immunisieren. Nicht bekannt ist, ob die gemauserten Hennen eine Impfauffrischung benötigen oder ob eine einmalige Impfung auch nach der Mauser noch ausreichend wirkt. Das Ziel dieser Studie* der Universität Georgia war es deshalb, festzustellen, ob die gemauserten Elterntierhennen ihre Antikörper gegen IBD und REO sowie die ihrer Nachkommen mit einer zusätzlichen Impfung erhöhen sollten.

Ross 308 AP (Aviagen)-Hennen im Alter von 63 Wochen wurden 10 Tage lang gemausert, indem ihnen 100 % gemahlene Sojabohnenschalen zur Verfügung gestellt wurden. Neun Wochen nach der Mauser wurde die Hälfte mit einem 4-Wege-Impfstoff geimpft. Die andere Hälfte der Hennen blieb ungeimpft. Eine Woche nach der Impfung wurden Hähne im Alter von 26 Wochen in die Hühnerställe eingeführt. Die Titer der Hennen wurden vor der Mauser, vor der Impfung und 3 Wochen nach der Impfung gemessen.

Aus beiden Behandlungsgruppen schlüpften Küken. Die Impfung verlangsamte den Beginn sowie die Anzahl der Eierproduktion bei den gemauserten Hennen, obwohl die Eierproduktion am Ende der Studie in Woche 78 zwischen den Gruppen vergleichbar war. Gemauserte Hennen hatten 34 bzw. 32 % weniger IBD- bzw. REO-Titer im Vergleich zu Proben vor der Mauser. Die Impfung gemauserter Hühner erhöhte die IBD-Titer im Vergleich zu ungeimpften Hühnern um 81 % 3 Wochen nach der Mauser. Die mütterliche Impfung erhöhte die Antikörpertiter bei den Nachkommen bei IBD und REO um 242 bzw. 120 % im Vergleich zu Küken, die von ungeimpften gemauserten Hühnern stammten. Die Impfung verringerte die frühe Mortalität in der Brüterei. Eigewicht, Schalenqualität und Schlupffähigkeit blieben durch die Impfung nach der Mauser unbeeinflusst.

Zusammenfassend empfehlen die Wissenschaftler*innen, gemauserte Elterntiere erneut zu impfen, um sowohl die IBD- als auch die REO-Antikörper bei Hennen und ihren Nachkommen zu erhöhen.

*Studie: Avila, L.P. et al.: Serological response of broiler breeders vaccinated postmolt and their progeny: reovirus and infectious bursal disease. Journal of Applied Poultry Research Volume 32, Issue 4, December 2023

Quelle: Dr. Heike Engels, Zuerst erschienen im E-Magazin „Der Hoftierarzt“ 2/2024

Stressoren spielen große Rolle für die Schwarzkopfkrankheit bei Puten

Die Schwarzkopfkrankheit führt bei sowohl bei wildlebenden als auch bei domestizierten Hühnervögeln zu hoher Morbidität und Mortalität, wobei Truthähne bzw. Puten am anfälligsten sind, was zu erheblichen wirtschaftlichen Verlusten führt. Die bekannten Morbiditäts- und Mortalitätsraten für Ausbrüche der Schwarzkopfkrankheit schwanken von 10 bis 100 % Herdenverlust bei Puten. Die Gründe für diese Unterschiede wurden jedoch bisher noch nicht identifiziert. Das Verständnis der Faktoren, die die Unvorhersehbarkeit der lateralen Übertragungs- und Infektionsraten bei einem Ausbruch beeinflussen, sowie die Entwicklung von Maßnahmen zur Reduzierung ausbruchsbedingter Verluste sind deshalb von größter Bedeutung.

Das Ziel der aktuellen Studie* war es, den Einfluss von Stressfaktoren auf die Entwicklung einer Schwarzkopfkrankheit (Histomoniasis) und die laterale Übertragung der einzelligen Darmparasiten, die sogenannten Histomonaden (Histomonas meleagridis), zu untersuchen.

In den folgenden drei Experimenten wurde die Hälfte von jeweils 420/150/180 Puten in jedem Abteil mit H. meleagridis infiziert, um die Übertragung und das Fortschreiten der Krankheit zu untersuchen. Die Puten wurden in den ersten Wochen vor der Infektion mit verschiedenen Stressoren konfrontiert: u.a. Ration mit hohem Elektrolytgehalt, Transportstress, Kältestress und Futterentzug, Kokzidien und Mykotoxine. Die Puten wurden im Alter von 5 Wochen (Experimente 1 und 3) oder im Alter von 2 Wochen (Experiment 2) infiziert. Der Krankheitsverlauf wurde anhand der Infektionsrate, der Mortalitätsrate und pathologischen Läsionen im Blinddarm und in der Leber bewertet.

In diesen Untersuchungen war keine laterale Übertragung erkennbar, deshalb beziehen sich die Ergebnisse nur auf die direkt infizierten Puten. In Experiment 1 zeigten die Ergebnisse, dass eine Ration mit hohem Elektrolytgehalt und Futterentzug (FW) höhere Infektionsraten und höhere Läsionswerte in Leber und Blinddarm verursachte. Experiment 2 untersuchte weiter den Einfluss von Kokzidiose oder Futterentzug. Alle Stressoren ergaben höhere Infektionsraten, Mortalitätsraten, Blinddarm- und Leberwerte. In Experiment 3 wurden die Puten mit Futter gefüttert, das natürlich vorkommendes Aflatoxin in einer Menge von 0 ppb (AFLB1), 6,26 ppb (AFLB1 Low) oder 19,82 ppb (AFLB1 High) enthielt. Es wurden keine signifikanten Unterschiede zwischen den Behandlungen beobachtet.

Die Experimente zeigen, dass Futterentzug und/oder Kokzidieninfektionen oder eine Kombination von Stressfaktoren eine schwerere Histomoniasis-Infektion begünstigten. Eine Verbesserung der Fütterungsprogramme, verstärkte Bemühungen zur Reduzierung von Umweltstressoren und zur Begrenzung von Koinfektionen durch andere Krankheitserreger kann dazu beitragen, das Infektionsrisiko und die Schwere des Ausbruchs zu verringern.
Die Wissenschaftler*innen raten zu weiteren Studien, um den Einfluss von Stress auf die Schwankungen bei der lateralen Übertragung von H. meleagridis zu untersuchen.

*Studie: Fudge, C. et al.: Role of stressors in histomoniasis transmission and development in turkeys. J The Journal of applied poultry research 2024 33:100405

Quelle: Dr. Heike Engels, Zuerst erschienen im E-Magazin „Der Hoftierarzt“ 2/24

BroilerNet präsentiert die Good-Practice-Champions der ersten Innovationsrunde

BroilerNet ist das erste europäische Netzwerkprojekt, das darauf abzielt, die Nachhaltigkeit und Widerstandsfähigkeit des Masthuhnsektors zu verbessern. Die Projektpartner aus Forschung, Wirtschaft und Tierhaltung stammen aus 13 europäischen Ländern. Im Rahmen von BroilerNet werden innovative Verfahren für wichtige Herausforderungen im europäischen Masthühnersektor zu den drei Schlüsselthemen Tierwohl, Nachhaltigkeit und Umwelt sowie Tiergesundheit herausgearbeitet. Wichtig war hierbei die Einbindung nationaler Netzwerke von Landwirten und weiteren relevanten Interessengruppen wie Beratern und Tierärzten.

Dr. Stefan Gunnarsson, Koordinator des BroilerNet, war sehr beeindruckt von der Anzahl der eingereichten Verfahren aus allen Ländern: „Mehr als 400 Personen aus dem europäischen Masthühnersektor haben zu BroilerNet beigetragen. Es ist schön zu sehen, wie engagiert und enthusiastisch die Teilnehmer in den nationalen Netzwerken waren. Sie haben wichtige Branchenherausforderungen identifiziert und sich dann gegenseitig unterstützt, bewährte Verfahren in ganz Europa zu finden. Unsere thematischen Expertengruppen haben mit wissenschaftlicher und praktischer Erfahrung zur Qualitätssicherung im Prozess beigetragen. Die intensive Arbeit wird hoffentlich für Masthühnerhalter in ganz Europa von Nutzen sein und langfristig zu einer erhöhten Widerstandsfähigkeit in der EU-Masthühnerhaltung beitragen.“

Die erste Runde zur Identifizierung wichtiger Herausforderungen im Bereich der drei Schlüsselthemen, gefolgt von der Sammlung bewährter und innovativer Verfahren zu deren Bewältigung, ist damit abgeschlossen. Thematische Netzwerke von Fachleuten aus verschiedenen europäischen Ländern diskutierten und bewerteten die verschiedenen vorgeschlagenen Verfahren. Hieraus wählten sie die BroilerNet-Champions aus.

Im Bereich Nachhaltigkeit & Umwelt wurden die drei wichtigsten Herausforderungen für den europäischen Masthühnersektor benannt und folgende BroilerNet-Champions gewählt:

• Klimaneutralität & ökologischer Fußabdruck ≡ Überführung von verbrauchter Einstreu zur Herstellung von Dünger (Italien)
• Futterquellen und Futterqualität ≡ Förderung von Insekten als Protein (Frankreich)
• Energiemanagement ≡ Strom aus Photovoltaik (Italien)

Im Bereich Tierwohl sind es:

• Fortbildung und Training von Tierhaltern/-pflegern ≡ Interne Audits zur Nottötung auf den Betrieben (Spanien)
• Genetik & Zucht ≡ Erhöhte Ebenen als Anreicherung der Haltungsumgebung (Spanien)
• Optimierung des Stallklimas ≡ Gesundheitsprogram von Fußballen (Schweden)

Im Hinblick auf die Tiergesundheit sind die wichtigsten Herausforderungen sowie die dazugehörigen BroilerNet-Champions:

• Verbesserung der Biosicherheit ≡ Zuweisung von Kleingeräten nach Zone und Gebäude (Frankreich)
• Bekämpfung der Aviären Influenza ≡ Betrieblicher Online-Risiko-Check für Eintragsrisiken Aviärer Influenza (Deutschland)
• Reduzierung des Antibiotikaeinsatzes ≡ Wasserkreislauf-Zentralheizung mit erneuerbaren Energien (Finnland)

Infoblätter zu den fünf besten bewährten Verfahren pro Schlüsselthema und Herausforderung sind über den Broiler Knowledge Hub bereits in verschiedenen Sprachen verfügbar. In den nächsten Monaten werden auch animierte Videos und Interviews mit Landwirten zu den BroilerNet-Champions sowie eine Auswahl anderer bewährter innovativer Praktiken auf der Website verfügbar sein.

Dieses Projekt wurde vom EU-Forschungs- und Innovationsprogramm Horizon Europe gefördert.

Das Institut für Tierschutz und Tierhaltung des Friedrich-Loeffler-Instituts (FLI, Celle) ist zusammen mit dem Bundesverband bäuerlicher Hähnchenerzeuger e.V. (BVH) Projektpartner und gleichzeitig Ansprechpartner für die deutschen nationalen Arbeitsgruppen.

Quelle: Friedrich-Loeffler-Institut, Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit

Abschlussveranstaltung der Vernetzungs- und Transfermaßnahme DigiTier: Erfolgreiche Bilanz und Zukunftsperspektiven

Die Vernetzungs- und Transfermaßnahme DigiTier begleitet seit 2021 dreizehn innovative Forschungs- und Entwicklungsprojekte zur Digitalisierung in der Nutztierhaltung, die über das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) gefördert werden. Bei der Abschlussveranstaltung am 5. Juni 2024 standen die Ergebnisse der geförderten Projekte sowie aktuelle Herausforderungen und zukünftige Trends für eine nachhaltige, digitalisierte Nutztierhaltung im Fokus.

Eröffnung und Grußworte Die Veranstaltung wurde durch Grußworte von MinDirig’n Prof. Dr. Engel Arkenau, Leiterin Unterabteilung 82 „Digitale Innovationen“ und Digitalisierungsbeauftragte des BMEL und Dr. Michaela Filipini, Leiterin der Abteilung 3 „Förderung, Forschung, Innovation und Nachhaltigkeit“ der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE), eröffnet. Beide betonten die Bedeutung der Digitalisierung für die Zukunft der Nutztierhaltung und die nachhaltige Entwicklung der Landwirtschaft:

„Wer nicht mit der Zeit geht, geht mit der Zeit! Aber nicht nur die Digitalisierung liegt uns am Herzen, auch das Tierwohl und das Bewusstsein für ethisches Handeln stehen im Fokus der Politik und Forschung – denn die gesellschaftlichen Erwartungen an die Nutztierhaltung sind hoch – tiergerecht und ressourcenschonend muss sie sein. Die Vernetzungs- und Transfermaßnahmen ermöglichen einen Einblick in aktuelle Forschungs- und Entwicklungsbedarfe für die Ausrichtung zukünftiger Fördermaßnahmen und die Generierung neuer Projektideen“, so Prof. Dr. Arkenau.

Dr. Filipini: „Innovative Ideen alleine reichen nicht aus, entscheidend ist der Transfer der Ergebnisse in die Praxis – das ist die große Hürde. Die ProjektnehmerInnen sind daher dazu angehalten ihre Ergebnisse zugänglich zu machen, sodass man sie in der Praxis nutzen kann. Das ist auch der Grund, warum wir Veranstaltungen wie diese und überhaupt die Vernetzungs- und Transfermaßnahmen unterstützen. Nutzen Sie sie als Bühne, die den Austausch und Wissenstransfer von der Praxis in die Wissenschaft und andersherum ermöglicht.“

Wie kann ein nachhaltiges und resilientes digitales Ökosystem aussehen? In seiner inspirierenden Keynote zum Thema „Agrikultur 4.0 – Die digitale Transformation unseres Lebensmittelsystems“ erläuterte Hendrik Haase, wie digitale Technologien die Landwirtschaft und Konsumgewohnheiten revolutionieren und dabei das Verhältnis zwischen Produzierenden sowie Konsumierenden neu definieren. Er untersuchte die tiefgreifenden Auswirkungen, die eine digitalisierte Lebensmittelkette auf die landwirtschaftliche Praxis und die Rollenbilder entlang der Lieferkette haben kann. Eine zentrale Fragestellung seiner Präsentation drehte sich dabei um die Verantwortung, die dieser Wandel für die verschiedenen Akteurinnen und Akteure mit sich bringt. Wie kann ein nachhaltiges und resilientes digitales Ökosystem aussehen? Welche Rolle haben Menschen in der digitalen Welt der Tiere? Und welche Rolle werden Tiere in der digitalen Welt spielen? Damit bot er einen inspirierenden Ausblick in die Zukunft der vernetzten Tier- und Menschenwelt und hob die entscheidende Bedeutung der technologischen Transformation für eine nachhaltige Nutztierhaltung in Deutschland hervor. Sein Appell an die Zuhörerinnen und Zuhörer lautete, die Kontrolle über die Zukunft der Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion zu behalten und AgTech made in Germany zu gestalten. Dafür brauche es das Forschen und Experimentieren, den Transfer in die Praxis und einen real erkennbaren Nutzen für die Landwirtschaft und Gesellschaft. Aber es brauche auch profitable Geschäftsmodelle für die Verwertung der Ergebnisse.

Podiumsdiskussion
Vertreterinnen und Vertreter aus Politik, Landwirtschaft und Wissenschaft diskutierten über den aktuellen Stand der Digitalisierung in der Nutztierhaltung, über Hindernisse für den Einsatz in der Praxis, notwendige Standards, den Wissenstransfer sowie die Neuregelung der Nutzung von landwirtschaftlich erhobenen Daten. Die Diskussion verdeutlichte, dass digitale Innovationen bereits heute einen bedeutenden Einfluss auf die Tierhaltung haben und skizzierte, dass die digitale Transformation nur gelingen kann, wenn Anwenderinnen und Anwender aller Generationen mitgenommen, Systeme besser vernetzt und der Mehrwehrt digitaler Tools klarer kommuniziert werden.

Rückblick, Erfolge und Zukunftsperspektiven
Dr. Sabine Goetz, Koordinatorin der Vernetzungs- und Transfermaßnahme DigiTier bei der EurA AG, gab einen Überblick über die Vernetzungsaktivitäten und die durchgeführten Maßnahmen im Bereich der Öffentlichkeitsarbeit und des Wissenstransfers. Dazu gehörten Workshops, Messen, der DigiTier Podcast sowie erste Ergebnisse sowie Anforderungen, die digitale Systeme in der Nutztierhaltung erfüllen sollten, um eine breite Akzeptanz in der Praxis zu erreichen.

Ausstellung Im Anschluss an die Präsentationen bot eine Ausstellung der geförderten Verbundprojekte mit ihren digitalen Lösungen für die Nutztierhaltung im Stall, auf der Weide und in der Aquakultur den Teilnehmenden die Möglichkeit zum interaktiven Austausch.

DigiTier – Ein Erfolgsmodell
Durch die Bekanntmachung über die Förderung von Innovationen zur Digitalisierung in der Nutztierhaltung fördert das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) 13 innovative Verbundprojekte mit insgesamt ca. 12,5 Millionen Euro. Die Bekanntmachung verfolgt das Ziel, mit digitalen Lösungsansätzen die Tiergesundheit und das Tierwohl zu verbessern, die Arbeitsbelastung der Landwirtinnen und Landwirte zu verringern und die Rückverfolgbarkeit entlang der Wertschöpfungskette „Nutztierhaltung“ zu erhöhen. Sowohl für die geförderten Wirtschaftsunternehmen als auch die wissenschaftlichen Einrichtungen haben sich durch die Vernetzungs- und Transfermaßnahme diverse Mehrwerte ergeben: hierzu zählen verstärktes Networking, Lerneffekte durch Erfahrungsaustausch, eine Erweiterung des eigenen Horizonts sowie eine höhere Sichtbarkeit der Projekte und deren Ergebnisse für die Öffentlichkeit. Dies ermöglichte neue Kooperationen und die zielgerichtete Gestaltung von Innovationen. Die Vernetzungs- und Transfermaßnahme läuft noch bis April 2026. Bis dahin werden die Projekte weiterhin im Bereich Wissenstransfer, Vernetzung und Verwertung der Ergebnisse begleitet sowie ein Evaluationsbericht der Maßnahme erarbeitet.

Weitere Informationen zu DigiTier und zu den einzelnen Verbundprojekten finden Sie unter www.digi-tier.de.

Quelle: EurA AG