Lawsonien-Impfung macht Schweinehaltung nachhaltiger

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* Studie von MSD Tiergesundheit belegt: Impfung verringert CO2-Fußabdruck
* Stickstoff- und Phosphorausscheidungen durch Lawsonien-Impfung geringer
* Tiere, Umwelt und Landwirte profitieren von Lawsonien-Impfung

Impfen gegen Lawsonien schützt die Umwelt: Eine Impfung gegen das Bakterium Lawsonia intracellularis verbessert nicht nur die Darmgesundheit von Schweinen, sie macht die Schweinehaltung auch gleichzeitig nachhaltiger – das ergab eine Studie von MSD Tiergesundheit.[1]

Der Erreger Lawsonia intracellularis kann bei Schweinen schwere Darmerkrankungen hervorrufen. In mehr als 90% der Bestände in Deutschland ist der Erreger nachweisbar[2] – mit teils schweren gesundheitlichen Folgen. Infizierte Tiere weisen ein verringertes Wachstum und einen höheren Futtermittelbedarf auf. Die Erkrankung der Tiere hat daher auch ökologische Konsequenzen: Aufgrund der schlechteren Futterverwertung benötigen die Tiere höhere Futter- und damit Nährstoffmengen, was zu höheren CO2-, Stickstoff- und Phosphor-Emissionen führt.

Impfung leistet Beitrag zur Nachhaltigkeit
Für die Studie wurden nach der Diagnose des Erregers die Leistungsdaten von Mastschweinen in neun Mastbetrieben vor und nach einer Lawsonia Impfung – intramuskulär oder intradermal – untersucht. Durch die Impfung konnte die Gesundheit und Leistung der Tiere in den ausgewerteten Betrieben verbessert und der Einsatz von antibiotischen Behandlungen reduziert werden. Zusätzlich verbesserte sich die Futterverwertung der Tiere im Mittel um 0,11 Punkte. Die Stickstoffausscheidungen der geimpften Tiere reduzierten sich um bis zu 16 %, die Phosphorausscheidungen um bis zu 17 %. Der CO2-Fußabdruck verringerte sich nach dem Einsatz des Impfstoffes um bis zu 6,23 %.

„MSD Tiergesundheit ist sehr stolz auf diese Forschungsleistung. Damit können wir einen weiteren wichtigen Beitrag zur Verbesserung der Tiergesundheit, der Nachhaltigkeit und der Zukunftsfähigkeit der Schweineproduktion in Deutschland leisten“, sagt Dr. Robert Tabeling, Senior Marketing Specialist bei MSD Tiergesundheit, der die Studie leitete.

Die Unterstützung der Darmgesundheit durch die Lawsonien-Impfung ist ein Multitalent: Tiergesundheit und Tierwohl werden verbessert und der Einsatz von Antibiotika verringert. Zugleich leistet die Impfung einen Beitrag zur Nachhaltigkeit der Schweinhaltung. Für die Landwirte kommt noch ein weiterer Vorteil dazu: weniger Futtermitteleinsatz bedeutet auch geringere Kosten. So profitieren sowohl die Tiere als auch Umwelt und Landwirte von nur einer Impfung.

Wissenschaft. Seit mehr als einem Jahrhundert steht MSD an der Spitze der Forschung und entwickelt Medikamente, Impfstoffe und innovative Gesundheitslösungen für die schwerwiegendsten Krankheiten auf der Welt. MSD Tiergesundheit ist das globale Tiergesundheitsgeschäft von MSD.

[1] Tabeling, R., Renken, C., v.u.z. Muehlen, F (2023): Impfung von Schweinen gegen Lawsonia intracellularis i.m. oder i.d. – Kalkulation der Effekte einer verbesserten Futterverwertung auf die N- und P-Ausscheidung sowie den CO2-Fußabdruck Beispielkalkulationen aus verschiedenen Praxisbetrieben. Tierärztliche Umschau 3: 4-13.

[2] Arnold, M., A. Crienen, H. Swam, S. v. Berg, R. Jolie, H. Nathues (2019): Prevalence of Lawsonia intracellularis in pig herds in different European countries. Porcine Health Management 5: 31.

Quelle: Intervet Deutschland GmbH

Varroamilben schaden Honigbienen doppelt – Parasitische Milben begünstigen die Verbreitung opportunistischer Viren

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Die Varroamilbe schädigt Honigbienen nicht nur durch ihr Parasitentum, sondern auch, weil Varroa-infizierte Bienenvölker eine höhere Belastung mit schädlichen Viren aufweisen als nicht-infizierte Völker. In einer neuen Studie hat ein Forscher der Universität Ulm zusammen mit Kolleginnen und Kollegen aus Europa und den USA die Auswirkung der globalen Verbreitung der Varroamilbe auf die Honigbiene untersucht. Die Vermutung der Forschenden: die Varroamilbe verändert die Übertragbarkeit und Virulenz verschiedener Viren. Erschienen ist die Studie in der Fachzeitschrift Royal Society Open Science.

Die Varroamilbe schädigt Honigbienen doppelt: Nicht nur durch die negativen Auswirkungen der Milbe selbst, sondern weil Varroa-infizierte Bienenvölker eine höhere Belastung mit schädlichen Viren aufweisen als nicht-infizierte Völker. In einer neuen Studie hat ein Forscher der Universität Ulm zusammen mit Kolleginnen und Kollegen aus Europa und den USA die Auswirkung der globalen Verbreitung der Varroamilbe auf die virale Gemeinschaft der Honigbiene untersucht. Die Forschenden vermuten, dass die Varroamilbe die Übertragbarkeit und Virulenz verschiedener Viren verändert hat. Erschienen ist die Studie in der Januar-Ausgabe der Fachzeitschrift Royal Society Open Science.

Die Varroamilbe (Varroa destructor) gilt als eine Hauptursache des seit einigen Jahren immer wieder auftretenden seuchenartigen Bienensterbens, bei dem ganze Völker verenden und der für Imker einen schweren wirtschaftlichen Schaden darstellen kann. Der Milbenbefall schwächt die Honigbienen (Apis mellifera) auf verschiedenen Wegen: Durch das Aussaugen von Körperflüssigkeit verlieren bereits befallene Larven an Gewicht, die ausgeschlüpften Bienen sind kleiner als gesunde Tiere. Auch die erwachsenen Bienen werden durch die Parasiten geschädigt. Die befallenen Tiere besitzen eine deutlich verkürzte Lebensspanne, haben schlechtere Lernleistungen und kehren häufiger nicht in den Stock zurück. In Europa nahm die Zahl der Honigbienenvölker von über 21 Millionen (1970) auf 15,5 Millionen im Jahr 2007 ab. Erst ab den 1990er-Jahre ist der Rückgang deutlich angestiegen.

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler unter anderem aus Ulm, Halle-Wittenberg, Schweden, Norwegen, Frankreich, der Schweiz, Belgien und den USA untersuchten in ihrer globalen Studie die Verbreitung und die Häufigkeit von insgesamt 14 Viren in Bienenvölkern aus Skandinavien, den Britischen Inseln, Kanada und Neuseeland und das vor und nach der Ausbreitung der Varroamilbe. Die Daten stammen aus den Jahren 2010 bis 2013 und aus insgesamt 654 Kolonien, davon befand sich ein Drittel in einem Varro-freien Gebiet.

Die Forschenden haben festgestellt, dass das Vorhandensein der Varroamilbe in den untersuchten Bienenstöcken mit dem Auftreten von anderen Viren korreliert. Darunter sind beispielsweise das Flügeldeformationsvirus, dessen Verbreitung im Zusammenhang mit der Varroamilbe gut belegt ist. Aber auch das Schwarze Königinnenzellvirus, das Bienenköniginnenpuppen sterben lässt, sowie das Sackbrut-Virus, das Honigbienenlarven infiziert, konnten nachgewiesen werden. „Ein weiterer interessanter Aspekt unserer Studie ist, dass unsere große Probengröße und die verschiedenen Orte, an denen die Proben gesammelt wurden, uns dabei halfen, neue Assoziationen zwischen Viren und Varroamilben zu identifizieren, die zuvor nicht gefunden wurden“, so Dr. Vincent Doublet vom Institut für Evolutionsökologie und Naturschutzgenomik der Uni Ulm, der zusammen mit Dr. Melissa Oddie, damals an der Abteilung für Ökologie der Schwedischen Universität für Agrarwissenschaften in Uppsala, Erstautor der Studie ist.

Die Forschenden stellen die Hypothese auf, dass die Varroamilbe die verschiedenen Bienenviren beeinflusst haben muss. Diese Viren vermehren sich besonders gut in den befallenen Völkern und werden deshalb als opportunistische Viren bezeichnet. „Die Forschung hat sich in der Vergangenheit sehr stark auf das Flügeldeformationsvirus (engl. Deformed Wing Virus, DWV) konzentriert, vielleicht zu sehr, während andere Viren in den Schatten gestellt wurden. Der wichtigste Zweck unserer Studie war, ein gewisses Gleichgewicht herzustellen, damit auch andere Viren die nötige Aufmerksamkeit erhalten“, so Associate Professor Joachim De Miranda von der Schwedischen Universität für Agrarwissenschaften, der die Studie koordiniert hat.

Die Forschenden sind besorgt über diese Ergebnisse, zumal da es praktisch keine Varroamilben-freien Gebiete mehr auf der Welt gibt. 2022 erreichte die Varroamilbe Australien als letzten Kontinent mit Bienenhaltung. Außerdem geben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zu bedenken, dass die Infektionen der Honigbienen auch auf die 20 000 Wildbienenarten und andere Bestäuber übergreifen könnten, die in der Landwirtschaft und in einheimischen Ökosystemen eine wichtige Rolle spielen.

Unterstützt wurden die Forschenden unter anderen durch das EU-Projekt BeeDoc – Bees in Europe and the Decline of Honeybee Colonies und durch das Deutsche Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft im Verbundprojekt FIT-BEE sowie durch weitere nationale Förderungen.

Quelle: Universität Ulm

Mehr Tierwohl oder mehr Umweltschutz?

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Für welches Nachhaltigkeitsziel wollen sich die Menschen in Deutschland eher engagieren: Für das Tierwohl? Oder doch für den Umweltschutz? Auch die menschliche Gesundheit ist eines der Nachhaltigkeitsziele, das mit den anderen konkurrieren kann. Ein Forscherteam der Abteilung Marktforschung der Agrar- und Ernährungswirtschaft der Universität Bonn hat herausgefunden, dass die befragten Konsumenten eher bereit sind, mehr Geld für eine Salami mit dem Label „Antibiotikafrei“ auszugeben als für eine Salami mit der Auszeichnung „Offener Stall“, das die Förderung des Tierwohls anzeigt. Die Ergebnisse sind nun im Journal “Q Open” erschienen.

Die Tierhaltungsbranche steht vor komplexen Herausforderungen, bei denen unterschiedliche Interessen miteinander konkurrieren. “Nachhaltigkeitsziele wie das Tierwohl, der Umweltschutz und die menschliche Gesundheit können schnell im Widerspruch zueinanderstehen”, sagt Jeanette Klink-Lehmann von der Abteilung Marktforschung der Agrar- und Ernährungswirtschaft am Institut für Lebensmittel- und Ressourcenökonomik der Universität Bonn. Gleichzeitig könnten stringentere Standards in der Tierhaltung die Wettbewerbsfähigkeit beeinflussen, da damit einhergehende steigende Kosten nicht immer durch höhere Verbraucherpreise kompensiert werden können. Dies kann die Überlebensfähigkeit landwirtschaftlicher Familienbetriebe gefährden und hat somit auch Auswirkungen auf ländliche Gemeinden. “Zur Entwicklung angemessener politischer Rahmenbedingungen ist die Thematisierung und Klärung dieser Konflikte in der Nachhaltigkeitsdebatte von zentraler Bedeutung”, sagt Prof. Monika Hartmann, die die Abteilung Marktforschung der Agrar- und Ernährungswirtschaft an der Universität Bonn leitet.

Ein Team der Abteilung Marktforschung der Agrar- und Ernährungswirtschaft der Universität Bonn hat die Präferenzen der Verbraucherinnen und Verbraucher für verschiedene Nachhaltigkeitsziele untersucht. In ihrer Studie hat es sich auf drei Hauptkonflikte konzentriert: Tierschutz im Vergleich zu Umweltschutz, menschliche Gesundheit gegenüber Tiergesundheit und menschliche Gesundheit gegen Tierschutz. Das Forschungsteam analysierte die Präferenzen der Verbraucherinnen und Verbraucher für diese konkurrierenden Nachhaltigkeitsziele. Zudem untersuchten sie, wie positive Informationen in Hinblick auf die Sicherstellung bestimmter Ziele sowie Hinweise auf mögliche Zielkonflikte die Präferenzen beeinflussen. Im Rahmen der Analysen wurden auch psychografische (unter anderem das Bewusstsein für Umwelt, Gesundheit und Tierwohl) und soziodemografische Faktoren (wie etwa Geschlecht und Alter der Teilnehmenden) berücksichtigt, um mögliche Unterschiede in den Präferenzen der Verbraucherinnen und Verbraucher erklären zu können.

In der experimentellen Studie erhielt eine Gruppe der Befragten Informationen über die Vorteile von Schweinehaltungspraktiken in Verbindung mit zwei erfundenen Labeln: dem “Offenstall”-Label, das den Tierschutz fördert, und dem “Antibiotikafrei”-Label, das zum Schutz der menschlichen Gesundheit beiträgt. Die zweite Gruppe erhielt neben diesen positiven Informationen auch Informationen zu möglichen negativen Auswirkungen der Produktionspraktiken. Eine dritte Gruppe, die als Kontrollgruppe diente, bekam lediglich Informationen zur Universität Bonn. Anschließend wurde eine tägliche Einkaufssituation im Supermarkt simuliert, in der die Befragten gebeten wurden, sich dreimal zwischen zwei Salamiprodukten zu entscheiden, wobei die unterschiedlichen Salamiprodukte verschiedene Nachhaltigkeitsziele repräsentierten. Ebenfalls wurde die Zahlungsbereitschaft der Verbraucherinnen und Verbraucher für die jeweils gewählte Salami ermittelt.

Das Forschungsteam fand heraus, dass die meisten Leute sich für eine Salami mit einem Nachhaltigkeitslabel entscheiden und auch bereit sind, mehr für diese auszugeben. Dabei ist die Zahlungsbereitschaft für eine Salami mit dem Label „Antibiotikafrei“ höher als die für eine Salami mit dem Label “Offenstall”. “Hieraus kann abgeleitet werden, dass die persönliche Gesundheit für die Menschen wichtiger ist als der Tierschutz”, sagt Jeanette Klink-Lehmann. Im Rahmen der Studie zeigte sich außerdem, dass Tierschutzerwägungen wichtiger sind als Umweltschutz. Die Ergebnisse weisen auch darauf hin, dass die Bereitschaft der Menschen, sich für die nachhaltigere Alternative zu entscheiden, stark vom Preis abhängt.

Die Forscherinnen und Forscher der Universität Bonn haben gezeigt, dass die Wirkungen der Information davon abhängen, welche Nachhaltigkeitsaspekte betrachtet werden und wie die Informationen präsentiert werden. „Für uns überraschend war, dass bei Bereitstellung ausschließlich positiver Informationen die Zahlungsbereitschaft für die Salami aus Freilandhaltung anstieg, nicht aber für die antibiotikafreie Salami, jeweils verglichen mit der nicht gekennzeichneten Salami“, sagt Jeanette Klink-Lehmann. Die Erstautorin interpretiert dies so, dass Verbraucherinnen und Verbraucher die “antibiotikafreie” Tierproduktion als vorteilhaft für ihre eigene Gesundheit wahrnehmen. Diese Vorteile durch das Label selbst aber bereits ausreichend erfasst werden, so dass zusätzliche Informationen die Verbraucherpräferenzen nicht beeinflussen. Im Gegensatz dazu seien sich die Verbraucherinnen und Verbraucher der positiven Auswirkungen eines offenen Stalls auf das Wohlergehen der Tiere möglicherweise weniger bewusst. In diesem Fall dienten positive Informationen dazu, das Wissen und damit die Zahlungsbereitschaft für die Salami aus Offenstallhaltung zu erhöhen.

Um vollständige Transparenz zu erreichen, müssten die Verbraucherinnen und Verbraucher nicht nur über die Vorteile, sondern auch über die möglichen Nachteile einer Produktionsmethode informiert werden. „Unsere Ergebnisse deuten jedoch darauf hin, dass eine solche Strategie ihren Preis hat”, sagt Milan Tatic, Doktorand in der Marktforschung der Agrar- und Ernährungswirtschaft der Universität Bonn. So habe die zweiseitige Information eine neutralisierende Wirkung. “Das heißt, wir können keinen Einfluss der positiven Information gepaart mit Informationen über mögliche negative Auswirkungen der Produktionsmethode auf die Zahlungsbereitschaft der Verbraucherinnen und Verbraucher im Vergleich zur Kontrollgruppe feststellen.“

„Die Ergebnisse verdeutlichen, dass Teilnehmerinnen und Teilnehmer, die Wert auf Tierschutz und Gesundheit legen, bereit waren, mehr für die `Offenstall´-Salami zu zahlen”, sagt Prof. Hartmann, die zusammen mit ihrer Co-Autorin Jeanette Klink-Lehmann Mitglied im Transdisziplinären Forschungsbereich „Sustainable Futures“ an der Universität Bonn ist. Zusätzlich zeigten gesundheitsbewusste Personen eine höhere Zahlungsbereitschaft für die “Antibiotikafreie” Salami im Vergleich zur “ohne Label”-Variante. “Überraschenderweise galt letzteres auch für diejenigen, die besonders viel Wert auf den Tierschutz legen“, so Prof. Hartmann.

Förderung:
Die Studie wurde vom Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft, Naturschutz und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen (MULNV) im Rahmen des Lehr- und Forschungsschwerpunkts ‚Umweltverträgliche und Standortgerechte Landwirtschaft‘ (USL) finanziert. Darüber hinaus wurde die Veröffentlichung der Arbeit durch den Open-Access-Publikationsfonds der Universität Bonn unterstützt.

Quelle: Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn

Von idealen und realen Welten oder: wie viele Nutztiere wollen wir uns leisten?

Dem Münchner Professor Wilhelm Windisch verdanken wir die Faustformel, dass für jedes Kilo essbare Pflanzenmasse vier Kilo nicht-essbare Pflanzenteile auf dem Acker wachsen, die nur über die Mägen von Nutztieren veredelt und so für die menschliche Ernährung genutzt werden können (1). Setzten wir diese Erkenntnis in der Praxis um, würde die Gesamtmenge an menschlicher Nahrung und gleichzeitig deren veganer Anteil steigen. Nutztiere bekämen nichts mehr zu fressen, was auch der menschlichen Ernährung dienen kann, wie etwa Getreide.

In einer idealen Welt ein wichtiger Schritt im Kampf gegen den Hunger. Aber was bedeutet das genau? Schon 2014 haben ein paar schlaue Schweizer die Folgen untersucht (2) und berechnet, wie sich die Tierbestände ihres Landes verändern würden und zwar im Bio-Standard.

Es ergäben sich folgende Rückgänge:

Rindfleisch -40%
Milch(produkte) -30%
Schweinefleisch -70%
Geflügelfleisch -99%
Eier -95%

Bei solchen Zahlen staunt nicht nur der Laie. Wenn Wirtschaftsgüter sich verknappen, steigen unweigerlich die Preise. Statt Frühstücksei gäbe es für Schweizer in Zukunft also eher Kaviar, weil der dann billiger wäre.

10 Jahre später veröffentlichen nun Forscher der Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften HAFL weitere Berechnungen (3), „welche Tierbestände in der Schweiz notwendig sind, um die Graslandflächen sowie Nebenprodukte optimal für die Lebensmittelproduktion zu nutzen“.

Bei einer Volksabstimmung am 18. Juni 2023 wurde nämlich ein „Klima- und Innovationsgesetz“ von 58% der Wahlberechtigten befürwortet und nun gibt es in der Schweiz eine „Klimastrategie des Bundes für das Jahr 2050“ (4), der zufolge Ackerflächen in erster Linie für die Nahrungsmittelproduktion genutzt werden sollen.

Andrina Stettler und Stefan Probst schreiben zu ihrer Methodik: „Nach Abzug des (Rauhfutter-) Verzehrs des aktuellen Ziegen- und Schafbestands wurde ermittelt, wie viele Rinder es braucht, um das Raufutter zu verwerten. Die benötigte Anzahl Schweine wurde anhand der Molke, die nicht für die Nahrungsmittelproduktion eingesetzt wird, berechnet. Die anfallenden Nebenprodukte wurden soweit möglich den Schweinen und der Rest den Rindern zugeteilt.“ Extraktionsschrote, Zuckerrübenschnitzel und ähnliches würden also weiterhin verfüttert, Getreide oder etwa Sonnenblumenkerne nicht mehr.

Der Bestand an Milchkühen läge dann bei 545 485 Tieren, die gesamten Rinder- GVE bei 888 416 (2023: 1,53 Mio. Milch- und Mutterkuhhaltung). „Der Schweinebestand würde sich auf rund ein Drittel des aktuellen Bestands reduzieren.“ Im Jahr 2023 wurden 1.324.860 Tiere in der Schweiz gezählt. „Mutterkühe, Mastkälber und Geflügel gäbe es keine mehr“, heißt es dann weiter in der Studie. Aber „das anfallende Schlachtgewicht der Rindergattung bliebe auf ähnlichem Niveau“, weil Milchkühe und Kälber, die nicht der Remontierung dienen, weiterhin geschlachtet werden könnten.

Aber ist es denn vorstellbar solche Konzepte in die Tat umzusetzen? Wohl kaum. Auch wenn dem Schweizer das Zürcher Geschnetzelte erhalten bliebe, würde er vermutlich nicht komplett auf Eier und Geflügel verzichten wollen. Der Preis für Schweinefleisch dürfte drastisch steigen und Eier würden zum Luxusprodukt (Studie 2014) oder müssten komplett importiert werden (Studie 2023).

Apropos Import: Der gesamte Fleischkonsum der Schweizer Bevölkerung betrug im Jahr 2021 456 034 Tonnen. Im gleichen Jahr wurden u. a. 45 296 Tonnen Geflügelfleisch, 26 853 Tonnen Fleisch vom Großvieh und 14 223 Tonnen Schweinefleisch, zusammen also 86.372 t importiert (5). Derzeit liegt der Schweizer Selbstversorgungsgrad mit Fleisch bei etwa 80%, zukünftig würde er sich dann wohl in Richtung 50% bewegen.

Die eigene Klimagerechtigkeit durch Produktions-Verlagerungen ins Ausland zu erreichen, erfreut sich zwar allerorten steigender Beliebtheit, hilft dem Weltklima aber eher wenig. Wie auch bei anderen Plänen und Modellen fragt man sich, ob deren Folgen einer nennenswerten Anzahl Bürger überhaupt verdeutlicht werden.

Fußnoten:
(1) Ausführliches Interview mit Prof. Windisch

(2) Szenario für die Schweiz: nur noch nicht essbare Biomasse an Nutztiere in ökologischer Tierhaltung – Züricher Hochschule für Agrarische Wissenschaften, zhaw 2018

(3) Andrina Stettler und Stefan Probst – Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften HAFL, 3052 Zollikofen, Schweiz
Wie viele Nutztiere braucht die Schweiz zur optimalen Landnutzung?

(4) Klimastrategie des Bundes für das Jahr 2050

(5) Schweizer Agrarbericht 2020

Erster zugelassener Rotavirus-Impfstoff gegen Ferkeldurchfall verfügbar

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Seit Ende 2022 ist der erste Rotavirus-Impfstoff zur Reduktion des Neugeborenendurchfalls bei Ferkeln in Deutschland erhältlich. Auch die E. coli-Stämme F4, F5, F6 und F41 sind darin enthalten. Das sei eine gute Alternative zu bestandsspezifischen Impfstoffen, so das Unternehmen. Der Mutterschutz-Impfstoff von Virbac ist für Sauen und Jungsauen zugelassen. Diese bilden aufgrund der Impfung Antikörper und geben diese über die Biestmilch an die Ferkel weiter. Symptome des Neugeborenendurchfalls, verursacht durch die oben genannten Erreger, werden so reduziert. Außerdem wird die Virusausscheidung mit dem Kot vermindert, wodurch der Erregerdruck im Bestand ganz entscheidend gesenkt werden kann.

Das Anwendungsschema ist denkbar einfach: Eine Impfdosis besteht aus 2 ml und wird intramuskulär verimpft. Die Grundimmunisierung besteht aus zwei Impfungen, von denen die zweite spätestens 2 Wochen vor der Abferkelung erfolgt. Vor jeder erneuten Abferkelung erhalten die Sauen eine einmalige Auffrischungsimpfung. Neugeborenendurchfall beim Ferkel kann verschiedene Ursachen haben, häufig sind neben E. coli, Clostridien und Kokzidien auch Rotaviren beteiligt, die nun mit der neuen Vakzine wirksam bekämpft werden können.

Kontakt: Virbac Tierarzneimittel GmbH
http://de.virbac.com/

Hygienepulver mit Eukalyptus-Aroma

Die Hufgard GmbH stellt jetzt erstmals mit „DESICAL® plus ODORO“ ein Hygienepulver mit Eukalyptus-Aroma zur Keimreduzierung in Kuh- und Schweineställen vor. DESICAL® plus ODORO reduziert die Keimbelastung im Kuh- und Schweinestall auf natürliche Weise, so das Unternehmen Hufgard. Das Biozidprodukt trage zur Entlastung der Atemwege und zur Geruchsneutralisierung in Ställen bei. So helfe es beispielsweise bei der Reduzierung des Eigengeruches der Ferkel aus unterschiedlichen Würfen oder in der Rinderhaltung. DESICAL® plus ODORO eigne sich optimal als Hygienestreu in der Bullenmast, wenn unterschiedliche Kälber aus verschiedenen Ställen zusammenkommen.

Hier bringt DESICAL® plus ODORO dem Unternehmen zufolge gleich mehrere Vorteile: Eine Minderung von Gerüchen, eine positive Hygienewirkung und eine bessere Darmflora der Tiere durch die Reduktion gängiger Darmbakterien. Das neue Hygieneprodukt bestehe ausschließlich aus hochwertigen Komponenten, wie beispielsweise Tonmehle aus regionalen Vorkommen. Dabei habe es eine sehr gute Hautverträglichkeit für Mensch und Tier – trotz hoher Alkalität.

DESICAL® plus ODORO ist ab sofort in 1.000 kg und 400 kg BigBags erhältlich. Die Anwendungsberatung und der Vertrieb erfolgt über Tel.: +49-(0)60 24-67 39-0 und E-Mail: info@desical.de.

Kontakt: Hufgard GmbH
www.desical.de

Rotlauf kommt immer wieder vor

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Von Dr. Theodor Schulze-Horsel, Fachtierarzt für Schweine, Schweinegesundheitsdienst Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen

Rotlauf hat zoonotisches Potential und darf daher nicht übersehen werden. Die Symptome sind in der Regel sehr eindeutig. Treten sie auf, ist rasches Handeln nötig, um weitere Schäden an Tier und Mensch zu vermeiden. Wie zeigt sich Rotlauf und wie kann vorgebeugt werden?

Eigentlich hätte es ein Morgen wie jeder andere sein sollen. Aber dann ist Bernd Meier doch etwas merkwürdig vorgekommen. In der Gruppe von 50 Schweinen, die er verladen hatte, war ein Schwein mit auffälligen Flecken auf der Haut und ein Schwein, das im Gewicht etwas zurücklag, war bereits nach wenigen Metern auf dem Zentralgang sichtbar kurzatmig. Einige Tage später kam die Schlachtabrechnung –zwei Schweine verworfen. Ein Anruf im Veterinäramt am Schlachthof brachte die Erklärung: Ein Schwein hatte sogenannte „Backsteinblattern“ und ein Tier eine Herzklappenentzündung, beides hervorgerufen durch Rotlaufbakterien.

Der Rotlauf der Schweine ist eine seit langem bekannte Erkrankung, die durch das Bakterium Erysipelothrix rhusiopathiae verursacht wird. Der Erreger ist auch bei 30 bis 50 % aller gesunden Schweine auf den Rachenmandeln zu finden. Daneben ist er als Schmutzkeim, insbesondere im Umfeld von Schweinehaltungen, weit verbreitet. Der Erreger wird von erkrankten Tieren massenhaft mit Kot, Harn, Nasensekret und Speichel ausgeschieden. Nicht erkrankte Träger des Bakteriums scheiden die Keime mit dem Kot aus. Der Erreger bleibt in Kot, Jauche, Gülle und im Erdreich über Monate infektiös. Neben Schweinen sind auch Schafe und Puten für die Infektion empfänglich. Den Erreger findet man aber auch bei vielen anderen Tierarten, ohne dass diese erkranken. Vektor für die Erkrankung können zum Beispiel erregertragende Ratten und Mäuse sein. Erkrankte Schweine zeigen entweder die akute Verlaufsform mit hohem Fieber und klammem Gang oder das Bild des Hautrotlaufes mit sogenannten Backsteinblattern, scharf abgegrenzten viereckigen über die Haut erhabenen roten Hautveränderungen von 2 bis 6 cm Größe. Kommt es zu chronischen Verläufen, siedelt sich der Erreger in den Gelenken an. Es kommt zur Polyarthritis oder er besiedelt die Herzklappen. Davon betroffene Tiere sind aufgrund der verminderten Herzleistung auffällig und kümmern oft.

Akuter Rotlauf gut behandelbar


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Tiergesundheitsindex Befunddaten

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• Mastschweinehalter profitieren von schlachthofübergreifendem Feedback
• Erstmals werden Informationen aus verschiedenen Schlachthöfen systematisch zusammengefasst
• Verbesserter Überblick für die Tierhalter beim Betriebsmanagement durch neuen Tiergesundheitsindex
• Ergebnis jahrelanger erfolgreicher Zusammenarbeit mit der Universität Kiel

Schweinehalter im QS-System können sich künftig deutlich einfacher und schneller einen Überblick über die Tiergesundheit ihrer Schlachtschweine anhand der Befunddaten aus den Schlachthöfen machen: Die QS Qualität und Sicherheit GmbH (QS) hat einen Tiergesundheitsindex (TGI) Befunddaten entwickelt, der die Befunddaten aller Schlachthöfe, an die der Landwirt geliefert hat, systematisch zusammenfasst. In dem quartalsweise erscheinenden Infobrief erhält der Tierhalter künftig nur noch einen aussagekräftigen Wert für die TGIs Atemwegsgesundheit, sonstige Organgesundheit, Gliedmaßengesundheit sowie Unversehrtheit.

„Anhand der neuen und sehr umfangreichen Berechnung können wir nun die individuellen Abweichungen der einzelnen Schlachthöfe herausrechnen“, erläutert Katrin Spemann, Bereichsleiterin Tierhaltung und Futtermittel bei QS die Neuerung des TGI Befunddaten. „Die Tierhalter haben nun einen eindeutigen Wert für den jeweiligen TGI und müssen nicht mehr die einzelnen Werte der unterschiedlichen Schlachthöfe einordnen. Das verschafft Klarheit – für mehr Tiergesundheit.“

Die schlachthofübergreifende Berechnung des TGI Befunddaten hat QS in Zusammenarbeit mit Prof. Dr. Joachim Krieter vom Institut für Tierzucht und Tierhaltung an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel entwickelt. Der neue Wert ersetzt die bisherigen schlachthofspezifischen Tiergesundheitsindices im Informationsbrief an die Mastschweinehalter. Die bekannte grafische Darstellung der Ergebnisse im Infobrief bleibt davon unberührt.

Für die Berechnung der vier TGIs hat QS ausgewählte Kriterien herangezogen, die für die Beurteilung der Gesundheit der Tiere eines Betriebes von entscheidender Bedeutung sind. Die Indices helfen den Landwirten, die für ihre Betriebe erfassten Daten zu bewerten und für das Management im eigenen Betrieb zu nutzen. Die schweinehaltenden Betriebe können die einzelnen Befunddaten aus den jeweiligen Schlachthöfen auch nach wie vor detailliert in der QS-Datenbank einsehen.

Quelle: QS Qualität und Sicherheit GmbH

Wie viel Restmilch darf im Euter bleiben?

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Von Dr. Dirk Hömberg, Spezialberater für Melktechnik und Eutergesundheit, Münster

Nach dem Melken kann sich auch in den Eutern heutiger Hochleistungskühe noch kritisch viel Restmilch befinden. Doch bleibt nach dem Melken zu viel Milch im Euter, werden Milchleistung und Eutergesundheit beeinträchtigt. Warum ist das so und wie lässt sich zu viel Restmilch verhindern?

Darüber, wie leer die Euter nach dem Melken sein müssen, scheiden sich die Geister. Während viele Landwirte auf Grund ihrer Erfahrung bestrebt sind, die Euter möglichst vollständig auszumelken, sehen Berufskollegen sowie einige Vertreter von Melktechnikindustrie und Beratung das entspannter. Sie argumentieren, dass es völlig normal sei, wenn sich nach dem Melken noch Milch in den Eutern befindet. Und schädlich sei „das bisschen Rest­milch“ auch nicht, weil es ja beim nächsten Melken heraus käme. Wer hat da nun Recht?

Ehe man diese Frage beantworten kann, muss man erst einmal klären, wo und warum sich nach der Abnahme der Melkzeuge noch Milch im Euter befindet und welche Auswirkungen sie auf das Eutergewebe hat.

Nachgemelke gibt es nach wie vor
Wohl jedermann bekannt sind die klassischen Nachgemelke. Dabei handelt es sich um „lose Restmilch“, die sich gegen Ende des Melkens in den Hohlräumen des Euters (Zisternen) ansammelt. Sie kann nur durch Hinunterdrücken der Melkzeuge gewonnen werden.

Da das zeitraubend und anstrengend ist, glauben es viele Milchviehhalter nur zu gerne, wenn man ihnen sagt, dass die Nachgemelke „moderner Hochleistungskühe“ vernachlässigbar gering seien. Umfangreichen Erhebungen der Hochschule für Technik und Wirtschaft Dresden aus dem Jahre 2006 zufolge trifft diese Aussage jedoch nur bei Kühen mit kompakten, gesunden Eutern zu. Hier belaufen sich die Nachgemelkmengen tatsächlich meist nur auf 100 bis 200 g. Ganz anders sieht es hingegen aus, wenn die Euter groß und faltig sind, wie es bei alten Kühen und fleischbetonten Rassen üblich ist. Solche Euter weisen Nachgemelke von bis zu 1 kg und mehr auf. In Einzelfällen, z.B. bei durch Mastitis geschädigtem Eutergewebe muss man sogar mit bis zu über 2 kg loser Restmilch rechnen.

Weiterhin zeigten die sächsischen Studien, dass Verteilung und Höhe der Nachgemelke kaum anders waren als 16 Jahre zuvor. So wurde bei über 4.000 Kühen ein durchschnittliches Nachgemelk von 370 g ermittelt. Dabei enthielten 38 % der Euter mehr als 500 g lose Restmilch. In knapp der Hälfte dieser Fälle lag das Nachgemelk sogar zwischen 1 und 2 kg. Ähnliches geben andere Forscher mit Durchschnittswerten von meist 300 bis 500 g und einer Spannweite von 0 bis 1,5 kg an.


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Notschlachtungen auf Rinder-Betrieben #TiHo-Tierschutztagung 2023

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Es gibt gute Gründe für die Notschlachtung eines Rindes und es gibt gute Gründe vorher genau abzuwägen, ob sie im Einzelfall die richtige Entscheidung darstellt. Auf der Tierschutztagung 2023 hielt Dr. Philipp Rolzhäuser (Universität Leipzig) dazu einen bemerkenswerten Vortrag.

In den einschlägigen Verordnungen (1) wird genau beschrieben, wann eine Notschlachtung auf dem Betrieb zulässig und, aus Gründen des Tierschutzes, geboten ist: ein ansonsten gesundes Tier hatte einen Unfall, der den Transport zum Schlachthaus aus Tierschutzgründen verbietet. Die notwendige Schlachttieruntersuchung kann dann ein amtlicher, aber auch ein approbierter, praktischer Tierarzt durchführen, sofern kein Interessenskonflikt vorliegt.

Notschlachtungen sind statthaft, beim Vorliegen von Knochenbrüchen, Muskel- und Sehnenrissen, großen, offenen und stark blutenden Wunden sowie bei Nerventraumata. Bei Diagnosen wie etwa Verlagerungen oder Verschluss von Magen-/Darmteilen oder der Gebärmutter, Schlundverstopfung, Gebärmutter- oder Scheidenvorfall muss der Veterinär eine Einzelfallentscheidung treffen.

Unzulässig und illegal ist die Notschlachtung z. B. bei Fieber, Infektionen, Stoffwechselstörungen, Abmagerung oder Altersschwäche. Kranke oder auch kachektische (ausgezehrte) Tiere dürfen nicht notgeschlachtet werden und das Fleisch muss immer genusstauglich sein.

Zwischen Unfall und tierärztlicher Untersuchung/Diagnose dürfen höchstens 24 Stunden vergangen sein. Bei der Notschlachtung muss der Tierarzt anwesend sein und natürlich müssen alle gesetzlichen Vorgaben für Betäubung und Schlachtung eingehalten werden.

In der Praxis werden die meisten Notschlachtungen sicher auch ordnungsgemäß durchgeführt. Die Analyse von 612 „Bescheinigungen zu Rinder-Notschlachtungen“ eines Schlachtbetriebs wirft allerdings Fragen auf. Die Ergebnisse dieser anonymisierten und pseudonymisierten Auswertung stellte Dr. Rolzhäuser detailliert vor.

Auf 62 Betrieben kam es innerhalb des Auswertungszeitraums
von 28 Monaten zu 1 bis 71 Notschlachtungen. Insgesamt 34 Tierärzte stellten jeweils zwischen 1 und 136 Begleitscheine aus.

92,4 % der Diagnosen lauteten auf Frakturen (Brüche), Traumata (Verletzungen), Rupturen (Muskelrisse) und Paresen (Ausfall motorischer Funktionen) , in 67,7 % der Fälle waren die Hintergliedmaßen betroffen. Allerdings fiel auf, dass einzelne Tierärzten immer dieselbe Diagnose stellten (z. B. 20-mal die Diagnose „Fraktur“).

In manchen Fällen machte auch eine Plausibilitätsprüfung der Begleitscheine stutzig. War überhaupt ein Tierarzt vor Ort, wenn auf den Scheinen nur eine Handschrift zu erkennen ist? Oder wenn lediglich Symptome statt einer Diagnose genannt wurden (z. B. „ausgegrätscht“ statt „Fraktur“). Auch gab es Begründungen, die keinesfalls eine Notschlachtung rechtfertigen, wie etwa Augentumor, Aggressivität oder Arthrose.

Verstöße gegen die rechtskonforme Notschlachtung sind natürlich strafbar (2), insbesondere bei „Falschbeurkundung im Amt“(Tierarzt) und „Anstiftung zur Falschbeurteilung“ (Landwirt). Deshalb: Wirtschaftliche Interessen der Tierhalter sowie die Kundenbindung für Tierärzte, sollten zu keiner Zeit zu einer Falschbeurteilung der Situation führen!

Anmerkungen:
(1)
VO853/2004 Anhang III Abschnitt I Kapitel VI
VERORDNUNG (EG) NR. 853/2004 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES vom 29. April 2004 mit spezifischen Hygienevorschriften für Lebensmittel tierischen Ursprungs
https://lexparency.de/eu/32004R0853/ANX_III/

VO (EU) 2019/627
Durchführungsverordnung (EU) 2019/627 der Kommission vom 15. März 2019
zur Festlegung einheitlicher praktischer Modalitäten für die Durchführung der amtlichen Kontrollen in Bezug auf für den menschlichen Verzehr bestimmte Erzeugnisse tierischen Ursprungs gemäß der Verordnung (EU) 2017/625 des Europäischen Parlaments und des Rates
https://lexparency.de/eu/32019R0627/

Verordnung zum Schutz von Tieren im Zusammenhang mit der Schlachtung oder Tötung und zur Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 1099/2009 des Rates (Tierschutz-Schlachtverordnung – TierSchlV)
https://www.gesetze-im-internet.de/tierschlv_2013/BJNR298200012.html

(2)
Strafgesetzbuch (StGB) § 348 Falschbeurkundung im Amt
https://www.gesetze-im-internet.de/stgb/__348.html

Strafgesetzbuch (StGB) § 271 Mittelbare Falschbeurkundung
https://www.gesetze-im-internet.de/stgb/__271.html

Tierschutzgesetz § 17 Nr. 2b
https://www.gesetze-im-internet.de/tierschg/__17.html