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Schweiz meldet für 2017 erneuten Rückgang im Antibiotika-Verkauf

Wurden 2008 in der Schweiz noch insgesamt 69,8t Antibiotika verkauft, waren es 2017 nur noch rund 32,3t. Dies entspricht einem Rückgang von 53,7% in 10 Jahren und von 15,8% gegenüber 2016.

Seit der Revision der Tierarzneimittelverordnung (1. 4. 2016) dürfen in der Schweiz Cephalosporine der 3. und 4. Generation, Makrolide und Fluorchinolone nicht mehr auf Vorrat abgegeben werden. Bei diesen „kritischen Wirkstoffen“ mit höchster Priorität für die Humanmedizin (highest priority critically important antimicrobials). Fluktuierten die Mengen (außer bei den Makroliden) in den letzten Jahren, nahmen die Vertriebsmengen im Vergleich 2016/2017 um 20 bis 25%, 2017 ab.

Der Verkauf von Colistin wurde auf 327 kg reduziert. Das bedeutet einen Rückgang seit 2008 (1.577 kg) um 79,3 %.

Das Schweizer Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) weißt in seinem Bericht für 2017 ausdrücklich darauf hin, „dass eine Reduktion der Antibiotika-vertriebsmengen auch erfolgte, nachdem diese mit der Nutztierpopulationsbiomasse (PCU: population correction unit [1]; 1 PCU = 1 kg Nutztier) normiert wurde. Das bedeutet, dass die Reduktion nicht nur auf eine kleinere Nutztierpopulation zurückzuführen ist, sondern dass pro produziertes kg Nutztier weniger Antibiotika eingesetzt wurde.“

Quelle und Tabellen: Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen

Risikofaktoren für Erdrückungsverluste in Bio-Freilandhaltung

Dänische Forscher haben sich mit Risikofaktoren für Erdrückungen bei Sauen in Bio-Freilandhaltung befasst (Rangstrup-Christensen et al. 2017, Sow level risk factors for early piglet mortality and crushing in organic outdoor production).

Ziel der Studie war Risikofaktoren für frühe Ferkelsterblichkeit und Erdrückung lebend geborener Ferkel, von der Geburt bis zur Kastration an Tag 3 bis 5 nach der Geburt zu bewerten: Jahreszeit, Wurfgröße, Parität (Anzahl der Würfe einer Sau) , Body Condition Score des Muttertiers und tot geborene Wurfgeschwister.

Die Studie wurde über einen Zeitraum von einem Jahr in neun dänischen Bio-Schweineherden durchgeführt, die das ganze Jahr über im Freien gehalten wurden. Die Daten Aufgezeichnet wurden die Daten von 3.393 Abferkelungen mit 50.284 lebend geborenen Ferkeln, von denen 14,8% vor der Kastration starben.

Die durchschnittliche Anzahl lebendgeborener Ferkel pro Wurf betrug 14,8 und die durchschnittliche Zeit von der Geburt bis zur Kastration betrug 4,1 Tage. Die Untersuchung zeigt, dass bei Sauen mit höherem BCS und höherer Parität das Sterberisiko für Ferkel zwischen Geburt und Kastration signifikant erhöht war. Die Mortalitätsraten waren im Frühling (März bis Mai) am niedrigsten und im Sommer (Juni bis August) am höchsten.

Die Geburt in einem Wurf mit einem oder mehreren Totgeburten erhöht das Risiko früher Sterblichkeit und auch zunehmende Wurfgröße erwies sich als Risikofaktor für Erdrückungen.

Auch eine thailändische Studie mit 65.554 Ferkeln aus 6.262 Würfen in einem konventionellen Betrieb, wies die höchsten Erdrückungsraten für April aus (dem heißesten Monat in Thailand). (Tartrakoon et al. Causes of piglet death in farrowing house by crushing in a commercial farm of Phitsanulok province).

Glaubt man jedoch einem Kongressbericht aus Brasilien, nimmt die Erdrückungsgefahr in den ersten 48 Stunden post-partum ab, wenn die Umgebungstemperatur 26 Grad C beträgt. Bei dieser Temperatur änderten die Sauen seltener ihr Haltung (Rollen und Ablegen) und es käme im Versuch zu weniger Erdrückungen. (Daniella J. Moura et al., Effects of temperature on sow posture changes and piglet crushing, XXIII Congresso de Iniciação Científica da UNICAMP 2015)

Geflügelwirtschaft weitet Dialogoffensive aus – auf Facebook, Twitter und mit neuer Website

Ernährung, Tierwohl und Nachhaltigkeit – das sind Themen, die Verbraucher bewegen. Um noch mehr Informationen zu bieten und den Dialog mit den Verbrauchern zu diesen Themen zu stärken, startet die deutsche Geflügelwirtschaft die Initiative „Geflügelrepublik Deutschland“.

Damit führt die Branche den Weg der Vorjahre konsequent fort – so bildet die bekannte Geflügel-Charta auch das „Grundgesetz“ der neuen fiktiven Republik. Gleichzeitig setzt die Geflügelwirtschaft mit der „Geflügelrepublik Deutschland“ auf einen aufmerksamkeitsstarken Auftritt, der in der Informationsflut nicht untergeht: „Die Botschafter – der stolze Hahn, die neugierige Pute und die elegante Ente – informieren die Verbraucher unterhaltsam über die Arbeit und die zentralen Werte der deutschen Geflügelwirtschaft. Selbstverständlich multimedial“ teilt der Verband mit.

Dialog auf allen Kanälen

„Die Geflügelrepublik Deutschland ist eine charmante Einladung zum Dialog“, erläutert Friedrich-Otto Ripke, Präsident des ZDG Zentralverband der Deutschen Geflügelwirtschaft e. V., das Konzept. „Unsere Botschafter sind echte Hingucker. Und sie laden ausdrücklich zum Gespräch ein. Schließlich ist das immer der erste Schritt zum Überzeugen.“ Konsequenterweise baut der ZDG nun sein Dialogangebot aus – auf Facebook, Twitter und auf der neuen Webseite – und unterstreicht damit die Haltung des Verbands: „Die deutsche Geflügelwirtschaft hat nichts zu verbergen und viel zu bieten.“

Nicht nur der neue Facebook-Kanal steht für offene Diskussionen zur Verfügung, auch auf der Webseite können Verbraucher jederzeit ihre persönlichen Fragen rund um das deutsche Geflügel stellen und erhalten eine ebenso persönliche Antwort.

Ebenfalls neu: der verbandseigene Twitter-Kanal. „Ob auf unserer neuen Webseite, auf Facebook oder Twitter – wir informieren und beziehen Position und freuen uns auf den Dialog mit Politik, Medien, Verbänden, Vereinen und Organisationen“, so Friedrich-Otto Ripke.

Umfassende Informationen 

Auf der neu konzipierten Website Deutsches-Geflügel.de finden sich zudem umfassende Hintergrundinformationen über die Arbeit der Geflügelwirtschaft in Deutschland – von Ausbildung und Branchenverständnis über Standards in der Tierhaltung bis hin zu nachhaltiger Futtermittelerzeugung werden dort unterschiedlichste Aspekte der Geflügelwirtschaft beleuchtet.

Die Geflügelrepublik auf Facebook folgen: Geflügelrepublik Deutschland
ZDG auf Twitter: @zdg_verband

Quelle: ZDG Zentralverband der Deutschen Geflügelwirtschaft e.V.

Topigs Norsvin eröffnet neues Forschungszentrum Delta Kanada

Ende Juni hat Topigs Norsvin das neue Forschungszentrum Delta Kanada in Betrieb genommen. Die Eröffnung sei ein wichtiger Schritt in der weiteren Entwicklung von Topigs Norsvin als globaler Lieferant für Genetik, teilt das Unternehmen mit. Dadurch würde vor allem die Bereitstellung der neusten Top-Genetik in den USA und Kanada, aber auch für andere globale Regionen mit Schweinehaltung, einfacher und schneller. Die ersten Eber werden das Forschungszentrum Ende dieses Jahres verlassen.

Hans Olijslagers, CTO von Topigs Norsvin: „Delta Kanada wird den genetischen Fortschritt in unserer Z-Linie und beim TN Tempo erheblich steigern. Dies ist ein Teil der langfristigen Zuchtstrategie von Topigs Norsvin und wird wesentlich zu unserem Ziel beitragen, den genetischen Fortschritt in der kommenden Zeit zu verdoppeln.“

Das neue Forschungszentrum liegt in der Nähe von Woodlands in Manitoba und wurde mit der neuesten Technologie ausgestattet, „um maximales Tierwohl, höchste Biosicherheit und minimale Umweltbelastung zu gewährleisten“. Der Standort ist von der anderen Schweineproduktion isoliert und liegt dennoch in der Nähe des Winnipeg Richardson internationalen Flughafens. Diese Lage ermöglicht es, gesunde Eber und Samen mit höchstem genetischem Wert zu exportieren. Die Gesamtinvestition beträgt 10 Mio. EUR oder 15 Mio. CAD.

Delta Kanada hat 2.600 Aufzuchtplätze und wird jedes Jahr 7.500 Nukleus-Eber der TN Tempo Endstufenlinie und der Z-Vorstufenlinie testen.

Delta Kanada ist, genau wie das Delta-Zentrum in Norwegen, mit IFIR-Futterstationen für die individuelle Futteraufnahme und einem CT-Scanner ausgestattet und ermöglicht dadurch, Schlachtkörperzusammensetzung, Robustheit und Fleischqualität schneller und genauer zu verbessern.

Quelle: TOPIGS SNW GmbH

E-Magazin Ausgabe 3/18 erschienen

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Boehringer Ingelheim zeichnet Betrieb Brand in Schnelldorf als 8. Leitbetrieb aus

Mitte Juni erhielt der Betrieb Stefan Brand in Schnelldorf, Mittelfranken, die Auszeichnung „Leitbetrieb für effektiven Gesundheitsschutz“. Bereits zum 8. Mal zeichnet Boehringer Ingelheim Vetmedica GmbH im Rahmen dieses Projektes Betriebe aus, die in Bezug auf Prävention von Krankheiten, hohem Hygienestandard, geringem Antibiotikaverbrauch sowie gutem Management besonders beeindrucken. Die Auswahl des Betriebs erfolgt durch die Jury bestehend aus Prof. Martin Ziron von der FH Südwestfalen und Hans-Günther Munz, Geschäftsführer der PQS Agrarservice.

Der diesjährige Preisträger Stefan Brand betreibt einen Hof in Mittelfranken mit 420 Sauen, 2.400 Mastplätzen im teilgeschlossenen System und einer Biosgasanlage. Tierärztlich betreut wird der Betrieb bereits seit über 20 Jahren von der Fachtierarztpraxis für Schweine Dr. Wesselmann, welche die kontinuierliche und innovative Entwicklung zu einem modernen, spezialisierten Ferkelerzeuger fachlich mitbegleitete.

Die unabhängige Jury lobte Stefan Brand vor allem für seine aufgeschlossene Haltung gegenüber Neuerungen im landwirtschaftlichen, aber auch im tiergesundheitlichen Bereich. Stefan Brand vertraut dabei auf eine intensive Beratung und setzt diese konsequent in die Praxis um. Durch das gemeinsam mit der Tierarztpraxis Wesselmann erarbeitete Gesundheitsmanagement mit einem zielgerichteten und auf Diagnostik basierenden Impfkonzept wurde der Antibiotikaverbrauch auf ein Minimum reduziert. Im Team setzten sie früh auf die Ileitis-Impfung und auf die PRRS-Kontrolle der gesamten Herde mit Hilfe eines Impfkonzepts für Sauen und Ferkeln.

Zudem engagiert sich die Familie Brand sehr intensiv in der fachlichen Ausbildung der Auszubildenden, im Prüfungsausschuss und berufspolitisch innerhalb des Bauernverbandes. Auch Kindergartengruppen und Grundschulklassen vermittelt die Familie gerne die Grundlagen der Schweineproduktion und öffnet dafür ihren Hof.

Als Preisträger 2018 kann Stefan Brand auch gleichzeitig am jährlich stattfindenden Arbeitskreis Leitbetriebe teilnehmen, um sich dort mit Spitzenbetrieben in Deutschland auszutauschen und neue Impulse für eine moderne und nachhaltige Schweineproduktion zu erhalten.

Quelle: Boehringer Ingelheim Vetmedica GmbH

„Vom Bienensterben weit entfernt“

Mit rund 80 Kilogramm Honig lieferten die Bienen im Garten des niedersächsischen Landwirtschaftsministeriums eine neue Rekordernte ab. „In diesem Jahr begann die Blüte recht früh, so dass die Bienen viel Pollen finden konnten“, sagte Imkerin Tina Heinz (32). Sie ist Mitglied bei „Hannover summt e.V.“ und betreut seit 2015 drei Bienenstöcke (150.000 Bienen) im Garten des Niedersächsischen Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz an der Calenberger Straße in Hannover. Landwirtschaftsministerin Barbara Otte-Kinast kostete heute (Montag) während eines Pressetermins erstmals den flüssigen, klaren Honig und stellte eine minzige Note fest. „Das ist typisch für Linde und könnte von den Bäumen vor dem Ministerium stammen“, erklärte Tina Heinz.

Was Niedersachsen alles für das wichtige Nutztier tut, erläuterte Ministerin Barbara Otte-Kinast. Insgesamt werden rund 440.000 Euro (2017) für die Imkerei zur Verfügung gestellt. Darüber hinaus konnte durch die Förderung der Blühstreifen für den Erhalt der Artenvielfalt die Fläche auf 15.000 Hektar gesteigert werden. „Mit rund 3.150 Betrieben nehmen auch deutlich mehr Landwirte als zuvor an dieser Maßnahme teil. Und es sollen weitere hinzukommen“, versprach die Ministerin. Sie sei stolz darauf, dass Niedersachsen als einziges Bundesland die Kooperation zwischen Landwirten und Imkern mit 100 Euro pro Hektar zusätzliche fördere.

Auch der Imkernachwuchs liegt der Landesregierung am Herzen. Jährlich kommen fast 450 neue Imker mit rund 2.000 Völkern hinzu, seit 2011 die Neuimkerprämie eingeführt wurde. 2017 flossen 120.000 Euro in diese Maßnahme. „Imkern ist wieder in, die Nachwuchssorgen sind vom Tisch und vom Aussterben der Honigbiene sind wir weit entfernt“, stellte Otte-Kinast mit Blick auf die Rekordmarke von nahezu 90.000 Völkern, die von den organisierten Imkern 2017 im Land gemeldet wurden, fest.

„Ich wünsche mir, dass jeder Landwirt während seiner Ausbildung etwas über die Wichtigkeit dieses kleinen Nutztieres erfährt“, sagte die Ministerin. Einen wichtigen Beitrag kann dazu das LAVES-Institut für Bienenkunde in Celle leisten. Deren Leiter, Dr. Werner von der Ohe, wies darauf hin, dass die Wild- und Honigbienen eine ganzjährige Nahrungsgrundlage benötigen. Die Varroamilbe sei nach wie vor der größte Feind der Bienen und Hauptverursacher für Völkerverluste. Deshalb unterstütze man auch die Fortbildung der Imker, um der Milbe konsequent entgegen zu wirken.

Der frische Honig ist bei den Mitarbeitern im Ministerium übrigens sehr beliebt: die Gläser mit der kostbaren goldgelben Füllung finden schnell ihre Abnehmer.

Quelle: Nds. Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz

Auftaktveranstaltung der „Tierärztlichen Plattform Tierschutz“

Vorbemerkung: Meldung und Kommentar soll man ja eigentlich nicht vermischen. Im folgenden Text ist dies trotzdem, hoffentlich in vertretbarem Maß, der Fall (tw).

Am vergangenen Wochenende traf sich die Prominenz der deutschen Veterinärmedizin in der Katholischen LandvolkHochschule, Oesede. Alle großen Verbände des Berufsstandes waren durch ihre Präsidenten oder Geschäftsführer vertreten, bei der ersten Veranstaltung der „Tierärztlichen Plattform für Tierschutz“. Ziel und Zweck des neuen Verbundes ist, der Tiermedizin zukünftig mediale Schlagkraft zu verleihen.

Denn, soviel wurde schon am ersten der beiden Tage belegt, Tierärzte kommen in der öffentlichen Debatte praktisch nicht zu Wort. Es fragt sie schlicht keiner, wenn es um Tierschutz, Tierhaltung und deren Zukunft geht. Ihre, durchaus vorhandenen Wortmeldungen, verhallen bisher meist ungehört.

Zunächst stellten sich die Initiatoren der TPT vor: die Bundestierärztekammer als Vertretung sämtlicher Tierärzte in Deutschland (über 40.000 Mitglieder), die DVG als wissenschaftliche Gesellschaft (über 5.600 Mitlieder), der bpt mit seinen 8.200 praktizierenden Tierärztinnen und Tierärzten, die beamteten Tierärzte des BbT (2.000 Mitglieder) und die Tierärztliche Vereinigung für Tierschutz (TVT, 1.300 Mitglieder).

Jedoch: all diese Verbände, mit ihren zahlreichen Fachausschüssen und Experten-Gremien, spielten   in der öffentlichen Wahrnehmung bisher kaum eine Rolle. Das ist nicht nur den Organisationen schmerzlich bewusst, es wurde ihnen auch während der Tagung bestätigt.

Christina Hucklenbroich, freie Journalistin und selbst studierte Tierärztin, zeigte mit ihrer Presseauswertung (250 Artikel in SZ und taz), dass Veterinäre in der Tagespresse vornehmlich als Randfiguren auftauchen oder als Versager. Wird über einen Unfall mit Hund oder Reh berichtet, steht höchsten lapidar im Text „es wurde ein Tierarzt gerufen“. Geht es um den Schlachthof, taucht der Veterinär fast ausschließlich im Zusammenhang mit Missständen auf. Ältere Medien-Studien zeigten Tierärzte als profitgierige Profiteure im illegalen Medikamentenhandel (1996) oder im günstigsten Fall (2005) als Heilberufler, nicht jedoch als Wissenschaftler.

Matthias Wolfschmidt, Leiter Strategie & Kampagnen bei Foodwatch, hätte viele Fragen an Deutschlands Tierärzte: nach ihren Zielen, ihrer Sicht aufs Nutztier und zu den Konflikten beim Tierschutz. Antworten via Medien konnte er jedoch keine finden. In seiner Wahrnehmung werden auch wissenschaftliche Erkenntnisse nicht aktiv kommuniziert: „die TierärtzInnen lassen ihren Willen nicht erkennen.“

 

Nicht viel besser steht der Berufsstand in der Wahrnehmung von Politikern da. Kirsten Tackmann (MdB, Die Linke) berichtete vom Tierärzte-Bild vieler ihrer Kollegen: beim Thema Antibiotika-Reduktion sei keine klare Positionierung erkennbar (hier würden eher Eigeninteressen unterstellt) und die Unabhängigkeit der Amtsveterinäre stehe zum Beispiel infrage. Es gäbe keine aktive Ansprache der Angeordneten bei konkreten Problemen und wünschenswert wäre es für die Parlamentarierin, Forschungsergebnisse allgemein verständlich zu kommunizieren.

Die Sicht der Tierethiker vorzutragen übernahm Johann Ach von der Uni Münster. Einleitend sagt er, Tierethiker stellten viel eher die richtigen Fragen, als solche selbst zu beantworten. Die Bandbreite tierethischer Positionen sei groß, grundsätzlich entscheide aber „die Empfindungsfähigkeit darüber, welche Entitäten eingeschlossen werden in den Kreis der Wesen, die Berücksichtigung finden“.

Im Verlauf seiner Ausführungen näherte er sich dann, Folie für Folie, immer mehr dem Speziezismus an, bis am Ende der Tierarzt nicht als Tierschützer, sondern als Komplize von Tierqual im Stall stand.

Wer zur Beurteilung von Handlungen am Tier allein die Sicht des Tieres zur Grundlage macht, kann aber nie im Leben schlachten. Und auch die völlig leidfreie Produktion tierischer Produkte ist in der Praxis kaum zu schaffen. Mit diesem Anspruch wird dann „ethische Ernährung“ selbst für Vegetarier zum Problem.

Christiane Bothmann (BbT) stellte eindrücklich die Grundprobleme aller Amtstierärzte dar: die nämlich kämen öffentlich nur vor, wenn etwas nicht geklappt hat – alles andere unterliege schließlich dem Datenschutz. Ihre persönliche Meinung könne mitunter erheblich abweichen von amtlichen Entscheidungen. Und Amtsveterinäre machten es eigentlich niemals irgendjemand recht, obwohl sie doch schlicht Gesetze befolgten und diese umsetzten.

Das – sollte man meinen – wäre ja noch zu ertragen, sofern man sich ein hinreichend dickes Fell zulegen kann. Aber wenn die BbT-Vizepräsidenten für Tierschutz sagt, Veterinäre im öffentlichen Dienst könnten wegen Unterbesetzung 50% ihrer Aufgaben gar nicht bewältigen und dies geschähe „wissentlich und willentlich“, bleibt einem doch erstmal die Spucke weg.

Der Kirchenfachmann Clemens Dirscherl bekannte, alle Kommissionen, Kompetenzkreise und Runden Tische hätten bisher nicht zu einem „contrat rural“ (landwirtschaftlichen Gesellschaftsvertrag) geführt. Und er beschrieb den Wandel in der Evangelischen Kirche bei Fragen zu Tierwohl und Tierschutz.

Bisher wurden drei EKD-Stellungnahmen zur Landwirtschaft veröffentlicht. Die erste Denkschrift 1968 war noch vollkommen der protestantischen Leistungsethik verpflichtet: Wachstum, Größe, genossenschaftliche Organisation standen im Vordergrund. 1984, im zweiten Positionspapier, klang das dann völlig anders: industrialisierte Landwirtschaft und Wachstum waren schlecht, die Mitgeschöpflichkeit des Tiers fehlte der Kirche, Veterinäre arbeiteten im Reparaturbetrieb der Herstellungs- und Verarbeitungskette. Bis zu Denkschrift Nr. 3 im Jahr 2003, haben sich die Positionen kaum geändert, das Stichwort Nachhaltigkeit kam höchstens noch hinzu und an der für 2019 angekündigten 4. Stellungnahme arbeitet bereits „Brot für die Welt“ mit.

Jedem der alt genug ist, sich an die Geschehnisse der Jahre zwischen 1968 und 1984 zu erinnern, ist klar: in diese Zeitspanne fielen zweistellige Tariferhöhungen, Konsumwelle, der Siegeszug des Pauschalurlaubs und schließlich dann der Aufstieg von Umweltschutz und Technik-Skepsis. Satt und zufrieden war man in den 70er Jahren geworden. Die 80er brachten dann Sinnsuche und Alltagsethik – Masslow lässt grüßen.

Die Tierärzteschaft hat (genau wie die Landwirtschaft) den Zug seitdem verpasst. Kommunikationsdefizite konnten sich kumulieren, die Themenführerschaft haben längst andere für sich reklamiert. Es ist höchste Zeit, dass Tierärzte bei einschlägigen Diskussionen ihren Platz als Experten in der vordersten Reihe einnehmen. Tierschutz muss als Kernkompetenz des Berufsstandes (wieder) erkennbar werden.

Die fünf Verbände haben deshalb ein echtes Dickschiff auf Kiel gesetzt und der Stapellauf in Oesede ist schon mal gut gelungen. Nun muss der Dampfer Fahrt aufnehmen. Kapitäne wären ja genug an Bord und ihnen ist zu wünschen, dass sie künftig beim Tierschutz mit einer Stimme sprechen: laut und vernehmlich.

Wenn dann die „Tierärztliche Plattform für Tierschutz“ so viel Talent beweist, wie Maria Dayen bei ihrer Moderation der Auftaktveranstaltung, ist ihr der Erfolg sicher. Die Landestierärztin a. D. behielt stets den Überblick, hatte die Uhr im Blick, verstand es Zwischenfrager freundlich-bestimmt aufs Thema zurückzuführen – und führte ohne jegliche Allüren durchs Programm.

Thomas Wengenroth

PS: Die Katholische LandvolkHochschule Oesede kann man als Tagungsort nur wärmstens empfehlen:  dort stimmte rundum einfach alles. Und wer ein Gruppen-Abendessen plant, sollte unbedingt Johannes Buß, den Leiter der KLVHS, überreden sich hinter den Grill zu stellen: der Diakon hat definitiv Übung!

Durchbruch bei Suche nach Alternative zum Kükentöten

Aus wirtschaftlichen Gründen sterben jedes Jahr in Deutschland rund 50 Millionen männliche Küken, weil sie keine Eier legen und schlecht Fleisch ansetzen. Mehrere Teams forschen nach Alternativen, um das Töten von männlichen Eintagsküken zu stoppen. Wissenschaftler der Technischen Universität München (TUM) haben eine Methode entwickelt zur nicht-invasiven Fruchtbarkeits- und Geschlechtsbestimmung, die gerade patentiert wird.

TUM: Was ist das Besondere an Ihrer Methode im Vergleich mit bisher vorgestellten Vorgehensweisen, die etwa mit einem Laser oder einer Punktierung des Eies arbeiten?
Professoren Benjamin Schusser und Axel Haase: Besonders an unserer Methode ist, dass sie im Gegensatz zu den anderen Technologien auf das Öffnen der Eischale komplett verzichtet. Mit Hilfe von Magnetresonanztomographie bestimmen wir sowohl Geschlecht- als auch Befruchtungsstatus kontaktlos und nicht-invasiv. Somit wird der Embryo nicht in der Entwicklung gestört und es entsteht keine potentielle Eintrittspforte für Keime in das Ei, wie es bei anderen Methoden der Geschlechtsbestimmung der Fall ist. Weiterhin verwenden wir mit der Magnetresonanztomographie eine Technologie, die millionenfach in der Humanmedizin erprobt ist und keine negativen Effekte auf den Organismus hat.

Wie früh muss denn das Geschlecht der Embryonen im Ei bestimmt werden, um im Sinne des Tierschutzes handeln zu können?
Schusser/ Haase: Es gibt bisher wenige belastbare Daten bezüglich des Schmerzempfindens von sich entwickelnden Hühnerembryonen. In einer Stellungnahme des wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestags vom 31.7.2017 wird davon ausgegangen, dass vor dem siebten Entwicklungstag keine Empfindungen möglich sind und gesichert ab dem 15. Entwicklungstag von einem Schmerzempfinden ausgegangen werden kann. Für die Zeitspanne zwischen dem siebten Entwicklungstag bis zum 15. gibt es gegensätzliche Meinungen, so dass keine abschließende Stellungnahme möglich ist. Generell ist eine möglichst frühe Geschlechtsbestimmung bis Entwicklungstag sieben im Hühnerei erstrebenswert.

Neben der rechtzeitigen Bestimmung des Geschlechts der Küken gibt es ein weiteres Problem: Viele Eier sind nicht befruchtet. Warum ist das so?
Schusser/ Haase: Es ist zwischen Hühnerlinien für die Eierproduktion und für die Fleischproduktion zu unterscheiden. Die Linien wurden über Jahrzehnte entweder auf Merkmale für die Produktion von Eiern oder für die Produktion von Fleisch selektiert. Jedoch korrelieren Ei- und Fleischproduktion negativ miteinander, sodass in der Mast nur Mastlinien verwendet werden. Diese Tiere weisen jedoch mit steigendem Gewicht eine geringere Qualität des Spermas und der Fitness auf, weswegen die Befruchtungsrate der Eier abnimmt. Somit nimmt mit steigendem Alter der Elterntierherde die Befruchtungsrate der Eier ab. Zurzeit ist es aber erst nach Beginn der Inkubation – über ein Durchleuchten der Eier –, möglich zu erkennen, ob sich ein Embryo entwickelt oder ob das Ei unbefruchtet war. Die so als unbefruchtet detektierten Eier müssen verworfen und dürfen aufgrund der gesetzlichen Vorgaben nicht mehr der verarbeitenden Industrie zugeführt werden. Ist es jedoch möglich, vor Beginn der Inkubation zu erkennen, ob ein Ei befruchtet wurde, dann können die unbefruchteten Eier aussortiert und weiterverarbeitet werden. Somit gibt es eine sinnvolle Verwertung für diese Eier, Inkubatorkapazität kann für befruchtete Eier genutzt werden.

Wie sieht da Ihre Lösung aus?
Schusser/ Haase: Wir haben auch hierfür eine Methode entwickelt, um mit Hilfe der Magnetresonanztomographie bestimmte Magnetresonanz-Parameter im Hühnerei noch vor der Inkubation zu messen, um eine Unterscheidung von befruchteten und unbefruchteten Eiern machen zu können. Unter der Verwendung von deep learning und künstlicher Intelligenz wurde ein Algorithmus entwickelt, welcher an Hand der MRT-Messdaten eine Unterscheidung der Eier hinsichtlich ihres Befruchtungsstatus vornimmt.

Zurzeit melden Sie Ihre Methode zum Patent an. Wann wird sie marktreif und kann von der Geflügelindustrie eingesetzt werden?
Schusser/ Haase: Besonders unsere Methode der Bestimmung des Befruchtungsstatus ist ausgereift. Hier ist es möglich innerhalb des nächsten Jahres einen Prototyp zum Testen unter Feldbedingungen zu installieren. Die Geschlechtsbestimmung funktioniert auch, bedarf aber noch mehr Forschungsarbeit, um die Genauigkeit zu verbessern. Mit der Installation eines Prototyps in einer Brüterei ist in den nächsten zwei Jahren zu rechnen. Das Magnetresonanz-Gerät zur Bestimmung der Befruchtung der Eier und des Geschlechts der Embryonen ist dabei identisch, nur die Bildauswertung muss auf die jeweilige Messaufgabe hin optimiert werden.

Quelle: Technische Universität München

Kampf gegen die Afrikanische Schweinepest

Mit Flugblättern und Gesprächen will das Landvolk Niedersachsen zu Beginn der Sommerferien in Niedersachsen und dem zu erwartenden Reiseverkehr auf Autobahnen und Bundesstraßen auf die Gefahren der immer weiter nach Westeuropa vorrückenden Afrikanische Schweinepest (ASP) aufmerksam zu machen. Am 6. Juli soll dieser Aktionstag stattfinden: Niedersachsenweit werden dann Landwirte mehrsprachige Info-Zettel zu dieser Tierseuche an Lkw-Fahrer und Urlauber verteilen. Mit der Aktion will das Landvolk verhindern, dass die Seuche in Deutschland und Niedersachsen Einzug hält.

Auf Polnisch, Rumänisch, Litauisch und in weiteren sechs Sprachen ist dieser Info-Flyer gefasst. „Die ASP ist für den Menschen ungefährlich, doch für Schweine und Wildschweine ist dieses hochansteckende und anzeigepflichtige Virus tödlich“, sagt Landvolkpräsident Albert Schulte to Brinke. Das Landvolk Niedersachsen will auf die für viele Verbraucherinnen und Verbraucher unbekannte Seuche hinweisen und informieren, wie sie als Urlauber der osteuropäischen Länder die Ausbreitung der ASP mit verhindern können. Gerade die Autobahnraststätten und -parkplätze, wo Urlauber und LKW-Fahrer Pause machen, um sich zu stärken, sind Quellen der Verbreitung.
Übertragen wird ASP entweder durch direkten Kontakt von Tier zu Tier oder indirekt durch Kontakt zu virusbehafteten Personen, Kleidung, Futtermitteln, Schlacht- oder Speiseabfällen, Nahrungsmitteln, Gülle/Mist sowie sonstigen Gerätschaften oder Fahrzeugen (Viehtransporter). Die mitgebrachte Salami aus Ungarn kann zum Beispiel das Virus enthalten. Das ist für den Menschen ungefährlich, aber der am Rastplatz entsorgte Wurstrest stellt eine Nahrungs- und somit

Verbreitungsquelle für Wildschweine dar. „Experten schätzen das Risiko des Eintrags von ASP nach Deutschland entlang der Fernstraßen als hoch ein. Deshalb informieren wir“, sagt Schulte to Brinke. Es gelte zu verhindern, dass das Virus sich aufgrund des stetigen Transitverkehrs Richtung Osten auf diesen Wegen ausbreitet. Trotz großer Bemühungen seitens der Pharmaindustrie gibt es gegen ASP keinen Impfstoff. Das Einschleppen des Virus nach Niedersachsen hätte somit fatale Folgen für die hiesige Landwirtschaft.

Quelle: Landvolk Niedersachsen